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Versteckte Nachteile für Frauen

Das sogenannte „Sparpaket“ kommt. In wenigen Wochen darf leichter gefeuert und Kranken der Lohn gekürzt werden. Ursula Engelen-Kefer: Frauen sind besonders benachteiligt  ■ Von Barbara Dribbusch

Chefs von kleinen Unternehmen, die schon immer mal mißliebige Beschäftigte loswerden wollten, dürfen in wenigen Wochen loslegen. Am 13. September wird der Bundestag das sogenannte „Sparpaket“ endgültig abstimmen. Die darin enthaltenen Regelungen zum Kündigungsschutz und zur Lohnfortzahlung können dann nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten „umgehend“ umgesetzt werden, bestätigte gestern eine Sprecherin des Bundesarbeitsministeriums.

Beschäftigte in Betrieben mit bis zu zehn Vollzeitstellen dürfen dann ohne Angabe von Gründen gefeuert werden. Vor allem Frauen, die verstärkt in kleineren Betrieben jobben, seien von diesen Verschlechterungen betroffen, beklagte gestern die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer.

Bevor der soziale Abbau kommt, werden erst noch ein paar parlamentarische Spielchen gespielt: Nachdem der Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat am Montag abend das „Sparpaket“ ablehnte, wird sich morgen der Bundestag damit beschäftigen und die Ablehnung zurückweisen. Am 13. September sollen die meisten Gesetze dann endgültig mit der sogenannten „Kanzlermehrheit“ von CDU/ CSU und FDP abgestimmt werden. „Kanzlermehrheit“ bedeutet in diesem Fall, daß gefälligst alle Abgeordneten zur Abstimmung zu erscheinen haben. Die durch den Bundesrat nicht zustimmungspflichtigen Gesetze können dann zu den vereinbarten Daten in Kraft treten.

In wenigen Wochen dürfen Arbeitgeber auch die Lohnfortzahlung bei Krankheit um 20 Prozent kürzen. Für mehr als die Hälfte der Beschäftigten, etwa in der Metallindustrie und dem öffentlichen Dienst, sichern allerdings Manteltarifverträge vorerst die 100prozentige Lohnfortzahlung. Kranken Bauarbeitern beispielsweise kann aber sofort der Lohn gemindert werden. Alternativ zur Kürzung können sich ArbeitnehmerInnen auch für fünf Krankentage einen Urlaubstag anrechnen lassen.

Nach Auffassung Engelen-Kefers trifft auch die Kürzung der Lohnfortzahlung besonders Frauen. Ihr Einkommen liege schon bis zu 35 Prozent unter dem der Männer. „Krankheit wird gerade für Frauen zu einem Luxusgut“, sagte sie. Frauen tun sich im übrigen auch schwer, Urlaubstage mit Krankheit zu verrechnen: Mit den Urlaubstagen müssen weitgehend die Schließungszeiten von Kindergärten abgedeckt werden. Engelen-Kefer bemängelte, daß Frauen und Mütter auch durch die Kürzung des Krankengeldes sehr betroffen seien. Mütter, die kranke Kinder zu Hause betreuen müssen und deswegen bei der Arbeit ausfallen, bekommen als Ausgleich keine Lohnfortzahlung, sondern nur Krankengeld von den Kassen. Das wird von derzeit 80 auf 70 Prozent des Gehalts gekürzt.

Die vorzeitige Heraufsetzung des Rentenalters von 60 auf 65 Jahre stelle außerdem einen eklatanten Vertrauensbruch gegenüber Frauen der Jahrgänge 1940 bis 1947 dar, rügte Engelen-Kefer. Nach den Neuregelungen zum Rentenrecht wird die Altersgrenze für Frauen vom Jahre 2000 bis Ende 2004 schrittweise von 60 auf 65 Jahre angehoben. Wer also in neun Jahren mit 60 in Rente gehen will, bekommt 18 Prozent weniger Rente, als bisher erwartet. Firmen üben jedoch beträchtlichen Druck auf Ältere aus, vorzeitig auszuscheiden – in kleineren Betrieben wird das Feuern ja demnächst auch erleichtert.

Zu den vier Gesetzen des nicht zustimmungspflichtigen Teils des „Sparpakets“ gehören auch die Einsparungen der Krankenversicherungen. Kuren sollen auf drei Wochen beschränkt werden. Junge Leute, die ab 1997 18 Jahre alt werden, müssen ihre Zähne sorgfältig putzen: Die gesetzliche Krankenkasse zahlt künftig für ihren Zahnersatz keinen Pfennig mehr.

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