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Hektische Debatte

■ Das Steuerkonzept der SPD simuliert Politik

Das SPD-Präsidium hat ein Modell zu niedrigeren Steuersätzen vorgelegt. Und zeigt: Die Steuerreformdebatte ist nichts anderes als die Fortsetzung der Sozialstaatsdebatte – auf einem anderen, weniger verbrauchten Feld. Auch bei der SPD-„Steuerreform“ geht es um die Kardinalfrage: Wer soll das bezahlen und wie?

Bemerkenswert immerhin, daß sich die SPD mit der Absenkung des Spitzensteuersatzes zurückhält. Wo doch selbst die Grünen den Besserverdienenden einen niedrigeren Steuersatz von 40 Prozent versprachen. Frei nach dem Motto: Steuersätze runter, dann geht es schon aufwärts mit der Wirtschaft. Dies will die SPD mit der „Stärkung der Massenkaufkraft“ erreichen, durch einen gesenkten Eingangssteuersatz von 19,5 Prozent. Aber woher das Geld nehmen? Sollen die Unternehmen stärker belastet werden, beispielsweise indem man ihnen nicht mehr erlaubt, sogenannte „stille Reserven“ künstlich aufzublähen und damit Gewinne zu verschleiern? Das brächte Milliarden, aber die Unternehmenslobby aus Chemie und Metall formiert sich bereits zum Widerstand. Der Standort, die Unternehmen, die Arbeitsplätze, wir alle in Gefahr!

Sollen Vermögende höher besteuert werden, wie dies SPD-Fraktionschef Scharping vorschlägt? Abgesehen von den verfassungsrechtlichen Problemen ist zu befürchten, daß die Superreichen ihr Geld trotzdem vor dem Staat in Sicherheit brächten, im Zweifelsfall über die Grenze. Der höhere Mittelstand dagegen dürfte Sturm laufen gegen einen kräftigeren Zugriff auf das mühsam erarbeitete Familienerbe.

Niedrigere Steuersätze bedeuten angesichts der Haushaltslage Umverteilung. Aber Umverteilung, vom Staat verordnet, ist heutzutage schwerer zu schlucken als je zuvor. So scheint die hektische Debatte um eine „große Reform“ eine politische Handlungsfähigkeit zu simulieren, die real weniger denn je vorhanden ist. Sinnvoller wäre es, mit kleineren Streichungen anzufangen, ohne große Absenkungen zu versprechen. Niedrigere degressive Abschreibungen der Unternehmen, weniger steuerliche Förderung für den Wohnungsbau, höhere Besteuerung von Immobilienverkäufen. Das alles hätte erst mal in einem neuen Jahressteuergesetz Platz. Auch ohne große Steuerreform. Barbara Dribbusch

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