: Kurden fürchten neuen Angriff Saddam Husseins
■ Irakische Truppen marschieren Richtung Süden – wollen sie zur PUK-Hochburg Sulaymaniya? In Arbil werden währenddessen angeblich Oppositionelle massakriert
Ankara/London (taz/AFP/dpa) – Saddam Husseins Truppen sind gestern aus Arbil, der Hauptstadt Irakisch-Kurdistans, abgerückt – aber wohin ziehen sie? US-Satelliten beobachten eine Bewegung nach Süden. Kurden befürchten einen Angriff auf Sulaymaniya. Die Stadt liegt im Südosten der von Kurden kontrollierten Gebiete, außerhalb der von den Golfkriegsalliierten erklärten Flugverbotszone, und ist eine Hochburg der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Den Angriff auf Arbil hatten die irakischen Truppen gemeinsam mit Peschmerga der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) ausgeführt. Ziel war es, die PUK von dort zu vertreiben. Gestern beschossen irakische Truppen die Orte Kifri und Chamchamal im Süden der Kurdengebiete. Die PUK berichtete darüber hinaus von Attacken auf PUK-Stellungen südöstlich von Arbil; dabei seien auch Helikopter und Flugzeuge eingesetzt worden.
Währenddessen ist die Lage in Arbil unklar. UN-Mitarbeiter vor Ort bestätigen den irakischen Abzug, die PUK und das Oppositionsbündnis Irakischer Nationalkongreß (INC) berichten von Hausdurchsuchungen und Hinrichtungen. In dem Gebäude des kurdischen Parlaments habe sich der irakische Geheimdienst eingenistet. Laut INC erschossen irakische Soldaten hundert Deserteure, die in einem Lager bei Arbil lebten. Mehrere hochrangige PUK-Funktionäre sollen festgenommen worden sein, darunter die Ehefrau von PUK-Chef Dschalal Talabani. Irakische Truppen sollen 96 INCler exekutiert haben, die versuchten zwischen PUK und KDP zu vermitteln.
Unterdessen rechtfertigte ein KDP- Sprecher die Kooperation mit dem irakischen Militär. „Wir hatten keine andere Wahl“, sagte gestern das Politbüromitglied Sami Abdurrahman. Die PUK habe Arbil besetzt und zu einer „unerträglichen Stadt“ gemacht. taud
Bericht Seite 8, Kommentar Seite 10
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen