Saga-Riegel erst versüßt, dann verordnet

■ Bezirk genehmigt 78 Sozialwohnungen auf dem Kiez / GAL: „Totale Verarschung“

Mit jeder zusätzlichen Sozialwohnung, die noch vor der Bürgerschaftswahl 1997 fertiggestellt wird, lassen sich Wählerstimmen fangen. So hoffen Baubehörde und die regierenden Sozis im Bezirk Mitte. Deswegen hatten sie es besonders eilig, noch diese Woche im Bauausschuß den Mehrfamilienblock der Saga an der Talstraße, Ecke Simon-von-Utrecht-Straße auf St. Pauli zu genehmigen.

Gesagt, getan: Gegen den Protest von AnwohnerInnen, Bezirks-CDU, -GAL sowie der Sanierungsexpertin Stadterneuerungsgesellschaft (Steg) dürfen die Bagger noch in diesem Jahr anrollen. Bezugsfertig werden die 78 Sozialwohnungen auf einem der letzten unbebauten Grundstücke im Stadtteil pünktlich zur Landtagswahl im Herbst 1997.

Während GALier Volker Nienstedt von „totaler Verarschung“ der Menschen vor Ort spricht und die geplante, monotone Blockrandbebauung „im Herzen“ des künftigen Sanierungsgebiets St. Pauli-Nord „katastrophal“ findet, wirkt Baudezernent Peter Gero recht angetan von dem Klotz auf dem Kiez: „Die Architekten Thüs und Gifay haben das Gebäude überarbeitet.“

Die ursprünglich vorgesehenen 90 Sozialwohnungen wurden auf 78 abgespeckt, so daß der geschlossene Häuserblock jetzt zumindest durch vier Hauseingänge, zwei Tor-Durchgänge in den Innenhof sowie eine Durchfahrt zur Tiefgarage durchbrochen wird. So sei auch der Zugang zu den alten Terrassenhäuser gesichert, die im hinteren Teil des Grundstücks liegen. Deren BewohnerInnen hatten gefürchtet, durch einen geschlossenen Saga-Riegel völlig von der Talstraße abgeschnitten zu sein.

Im mittleren Durchgang des Saga-Hauses sollen kleinere Geschäfte für Lebendigkeit sorgen. Zuvor war die Eintönigkeit des reinen Wohnkonzepts kritisiert worden. Die Anwohner hatten sich nicht gegen den Wohnungsbau, sondern gegen die „soziale Unverträglichkeit“ der kasernenartigen, sechsgeschossigen Bauweise gewehrt. Ihr Vorschlag, statt dessen mehrere kleine Wohnblocks über das Grundstück zu verteilen, wurde desinteressiert abgetan.

Immerhin, so Gero, werde jetzt aber die Fassade des Saga-Gebäudes abwechslungsreicher gestaltet. Es soll eine Kombination aus Klinker und silber-grauer Metallfassade geben. Glaserker an der Häuserfront zur Talstraße hin gäben „dem Ganzen mehr Transparenz“. Und damit die „soziale Mischung“ der künftigen Mieterschaft stimme, würden die Wohnungen nicht, wie zunächst geplant, ausschließlich im 1. Förderungsweg für einkommensschwächste Mieter gefördert, sondern „mindestens zu einem Drittel“ im etwas teureren 3. Förderungsweg. Um unterschiedliche Formen des Zusammenlebens zu ermöglichen, wurde auf unterschiedliche Wohnungsgrößen Wert gelegt: 25 Prozent der Wohnungen sind 1 1/2-Zimmer-Unterkünfte, 45 Prozent 2-Zimmer- und 30 Prozent 3-Zimmer-Wohnungen.

Heike Haarhoff