piwik no script img

Ex-Minister in Belgien verhaftet

■ Mord an Spitzenpolitiker Cools steht vor der Aufklärung

Brüssel (AFP/taz) – Seit Wochen bleibt den entsetzten Belgiern kaum Zeit zum Luftholen: Bei den Verbrechen der Kinderschänderbande um Marc Dutroux jagt eine Hiobsbotschaft die nächste, Polizei und Justiz stehen im Kreuzfeuer der Kritik. Jetzt gerät auch noch der seit fünf Jahren unaufgeklärte Mordfall Cools wieder in die Schlagzeilen. Seit Freitag sind in diesem Zusammenhang insgesamt fünf Personen in Haft genommen worden, darunter der frühere Minister Alain van der Biest. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft in Lüttich soll van der Biest wegen Mordes und Mordversuchs angeklagt werden. Der belgische Rundfunksender RTBF meldete unter Berufung auf den Anwalt des Beschuldigten, der 53jährige sei am Sonntag im Lütticher Lantin-Gefängnis inhaftiert worden. Van der Biest war am Samstag zwölf Stunden lang in der Sache verhört worden. Dabei wurde der ehemalige Minister von den Ermittlern auch seinem am Freitag verhafteten ehemaligen Sekretär Richard Taxquet gegenübergestellt. Dieser hatte van der Biest beschuldigt, Auftraggeber des Mordes an Cooles zu sein.

Der 63jährige Cools, eine prominente Figur der wallonischen Sozialisten, war im Morgengrauen des 18. Juli 1991 vor der Wohnung seiner Freundin in Lüttich mit mehreren Schüssen niedergestreckt worden. Eine Woche später hatte ein Vertrauter des Politikers der Polizei erklärt, Cools sei ermordet worden, weil er über Schmiergeldzahlungen des italienischen Hubschrauberherstellers Agusta an die wallonischen Sozialisten auspacken wollte. Die Lütticher Untersuchungsrichterin Veronique Ancia verfolgte jahrelang diese Spur. Über die Agusta- Affäre stolperten später mehrere belgische Politiker, darunter im Oktober vergangenen Jahres Nato-Generalsekretär Willy Claes.

Die Chefermittler im Kinderschänderskandal sind dieselben, die einst mit der Suche nach den Mördern des wallonischen Politikers André Cools betraut waren. Belgische Kommentatoren halten sich bei der Herstellung von Zusammenhängen zwischen den beiden Affären aber noch zurück. Es sei jedoch nicht völlig ausgeschlossen, daß zwischen den im Mordfall Cools festgenommenen Verdächtigen und der Kinderschänderbande ein Zusammenhang bestehe, schrieb am Samstag die Zeitung Le Soir.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen