piwik no script img

Mietbindung außer Kontrolle

■ Kreuzberger Mieterberatungsgesellschaften können wegen Mittelkürzungen Arbeit nicht weiterführen. Beratungen über Miethöhe sanierter Wohnungen vor dem Aus

„Aus“ für die Kontrolle der mietpreislichen Bindung von sanierten Häusern in Kreuzberg: Die ansässigen Mieterberatungsgesellschaften STADTbüro e.V., SPAS Kreuzberg Süd und der Verein SO 36 haben die Beratung für Mieter aus Sanierungsgebieten eingestellt und sehen auch keine Möglichkeit zur Weiterarbeit. „Wir wußten, daß Finanzkürzungen anstehen“, sagt Gabriele Klahr, Sozialplanerin und Mieterberaterin des SPAS Kreuzberg Süd. „Doch im April wurde uns noch gesagt, daß die Förderung nur bei zwei Dritteln der bisherigen Höhe liegen wird.“

Nachdem die Mieterberatungsgesellschaften die Arbeit dieses Jahres bereits vorfinanziert haben, sehen sie sich nach diesem Angebot des Bürgermeisters Franz Schulz (Bündnis 90/Die Grünen) außerstande, die Mieterberatung weiterhin anzubieten.

„Wir haben bisher drei bis vier Sprechstunden in der Woche durchgeführt, die von etwa 2.000 Bürgern im Jahr genutzt wurden“, erklärt Gudrun Chatterjee, Sozialplanerin des STADTbüro e.V. Mit der angebotenen Finanzierungshöhe sei die Nachberatung der Mieter, die oftmals völlig überzogene Mieterhöhungen bekämen, die rechtlich keine Grundlage hätten, nicht mehr möglich. „Dabei sind wir die einzigen im Bezirk, die die Unterlagen über die geförderten Häuser haben, welche notwendig sind, um die Miethöhen zu kontrollieren.“

„Das ist noch nicht wirklich ausgehandelt“, so Franz Schulz. Schulz will deshalb die Beratungsgesellschaften in Zugzwang setzen: „Es muß eine innerbetriebliche Umorganisation stattfinden. Die bekommen schließlich das Geld für das Sozialplanverfahren zur Betreuung der Mieter während der Sanierung; dieses muß halt für die Nachbetreuung mitverwendet werden.“

„Seit Anfang der neunziger Jahre nehmen die Sanierungen ab“, hält Michael Ott vom Mieterberatungsverein SO 36 dagegen, „und die Notwendigkeit der Nachberatung steigt.“ Diese ließe sich deshalb aus den Einnahmen nicht mehr finanzieren. Franz Schulz sieht die Zuständigkeit für die Finanzierung der Mietpreiskontrolle in sanierten Häusern bei der Investitionsbank Berlin (IBB), die die Fördermittel zu Sanierungsprojekten vergibt. Bisher müsse jedoch der Bezirk dafür aufkommen.

„Es ist schon so, daß von unserer Seite stichprobenweise und auf Anfrage von Mietern eine Miethöhenüberprüfung stattfindet“, sagt Uwe Sachs, Pressesprecher der IBB. „Wir können jedoch nicht die gleiche intensive Arbeit erfüllen.“ Bei einem Wegfall der bezirklichen Überprüfung müsse die Kompetenzfrage erst politisch geregelt werden. Ute Sander

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen