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Siegesparaden in Sulaymaniya

■ Die Anhänger von Kurdenführer Barsani haben vorübergehend den Kampf gegen ihren Konkurrenten Talabani im Nordirak gewonnen. Bei den Auseinandersetzungen ging es um Geld und Einfluß

Sulaymaniya (AFP/dpa/taz) – Mit einer Parade haben gestern die Anhänger der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) von Massud Barsani ihren Sieg über die konkurrierende Patriotische Union Kurdistans (PUK) in den Straßen der Stadt Sulaymaniya gefeiert. Eine Gruppe von zehn Männern trug ein drei Meter hohes Bild von Barsani zum ehemaligen Hauptquartier der PUK. Barsani selbst gab sich großmütig und kündigte eine Generalamnestie für seine kurdischen Gegner an. Dies gelte auch für PUK-Chef Jalal Talabani. Gleichzeitig rief Barsani zu freien Wahlen auf. Doch während Zehntausende den Sieg der KDP feierten, flohen nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) Hunderttausende aus der Stadt.

Die KDP hatte Sulaymaniya am Montag abend kampflos eingenommen, nachdem die PUK-Anhänger die Stadt verlassen hatten. Kurz zuvor hatte die KDP die Städte Dukan, Rania, Qualat Diza sowie drei stragtegisch wichtige Orte erobert. Hinter den KDP- Kämpfern rückten irakische Truppen nach, ohne in den letzten Tagen direkt in die Kämpfe eingegriffen zu haben. Der Sieg der KDP war nur möglich, weil sie zu Beginn der Kämpfe die direkte Unterstützung der irakischen Armee bei der Eroberung von Arbil hatte.

Talabani warf Barsani Verrat an den Kurden vor. „Wenn Saddam Hussein Kurdistan kontrolliert, wird er nicht mehr seine kurdischen Verbündeten brauchen und die KDP und das, was von dem kurdischen Volk übriggeblieben ist, vernichten“, sagte Talabani vor Journalisten. „Indem sich die KDP mit Bagdad verbündet hat, hat sie einen Tiger bestiegen, der uns alle zerstören wird.“

Die einstigen Bündnispartner hatten das nach dem Golfkrieg gegen den Irak autonom gewordene Kurdistan zunächst gemeinsam regiert. Bei den Wahlen zur Bestimmung des Kräfteverhältnisses im Kurdenparlament in Arbil hatte es vor vier Jahren ein Patt mit je 50 Prozent Stimmenanteil gegeben. Es kam zu ersten Kämpfen wegen Streitereien um die Verteilung der Einnahmen im Nordirak, die vor allem aus dem Grenzhandel mit der Türkei stammen und nach Angaben der PUK täglich mindestens 300.000 Dollar (450.000 Mark) betragen. „Barsani kassiert dieses Geld seit zwei Jahren nur für sich, und wir stehen mit leeren Händen da“, sagt ein Sprecher Talabanis in der türkischen Hauptstadt. Die PUK profitierte ihrerseits aus dem Grenzhandel mit dem Iran, der aber wesentlich weniger abwarf.

In einem stimmen KDP und PUK überein: Sie bestreiten, daß es beim jüngsten Bruderkrieg auch um das Geld aus dem Ölexportabkommen zwischen dem Irak und den Vereinten Nationen ging. In dem Abkommen, das zunächst wieder ausgesetzt wurde, wird dem Irak erlaubt, jährlich eine gewisse Menge Öl zu verkaufen, um mit dem Erlös Nahrungsmittel und Medikamente zu bezahlen. Ein Teil der Einnahmen soll direkt den Kurden zugute kommen. „Die UN sollten ja die Verteilung organisieren, da hätten wir nichts zu sagen gehabt“, sagen KDP und PUK übereinstimmend auf die Frage, ob die jüngsten Gefechte auch um diese Hilfsgelder geführt wurden.

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