Das Portrait
: Die Boykotteuse

■ Hildegard Zumach

„Wie steht's mit eurer Solidarität?“ lautete die Frage, die ihr Ende der 70er Jahre zu denken gab. Gefragt hatte eine südafrikanische Freundin. Hildegard Zumach reagierte prompt. Als Generalsekretärin der Evangelischen Frauenarbeit in Deutschland initiierte sie 1978 die Aktion „Kauft keine Früchte der Apartheid!“. Sie demonstrierte vor Lebensmittelläden, vor Banken, leistete Überzeugungsarbeit. „Solidarität war für mich immer ein Synonym für Schwesterlichkeit und Brüderlichkeit“, sagt die alte Dame. In der Kirche stieß ihre Kampagne jedoch auf wenig Gegenliebe. Seit 1973 war Hildegard Zumach Mitglied des Präsidiums der Evangelischen Kirche in Deutschland. 1979 scheiterte ihre Wiederwahl in das Gremium. „So kann man auf Apfelsinenschalen ausrutschen“, lautete der lapidare Kommentar eines Präsidiumsmitglieds.

Geboren wurde sie heute vor 70 Jahren im hessischen Ort Runkel. Aufgewachsen in einem Pfarrhaus, studierte sie in den 40er Jahren in Köln evangelische Kirchenmusik, arbeitete anschließend als Organistin und später dann als Musiklehrerin an einer Grundschule in Bergisch Gladbach. Von 1965 bis 1975 engagierte sie sich hier auch als CDU-Mitglied und Stadträtin. „Ich wollte politisch immer aktiv mitwirken und mitgestalten.“ 1975 merkte sie dann, daß sie der Partei innerlich nicht nahestand – sie trat aus.

Als ihre drei Kinder aus dem Gröbsten heraus waren, wurde Hildegard Zumach 1971 Vorsitzende der Evangelischen Frauenarbeit, von 1977 bis 1992 war sie deren erste hauptamtliche Generalsekretärin. Ihr Engagement kennt keine Grenzen: Rund 20 Jahre lang war sie Vorsitzende des deutschen Komitees für den Weltgebetstag der Frauen, 15 Jahre lang gehörte sie dem Zentralausschuß des Ökumenischen Rates der Kirchen an, und noch im Ruhestand leitet sie als Vorsitzende die Aktionsgemeinschaft Dienste für den Frieden. Damit ist ab kommender Woche Schluß. „Mit 70 ist es auch mal gut“, meint Hildegard Zumach. Ob die zornige alte Dame der Kirche sich wirklich zur Ruhe setzt, ist fraglich. „Ihre Vitalität ist einfach beeindruckend“, meint Gerhild Frasch, Zumachs Nachfolgerin als Generalsekretärin der Evangelischen Frauenarbeit. „Feiern und Politik gehören bei dieser Frau immer zusammen.“ Kathrin Lohmann