piwik no script img

Gefühl & Wellenschlag

Die Elbvertiefung könnte Seglern Probleme bringen / Für die Rathaus-Crew kein Thema  ■ Von Heike Haarhoff

Wenn der Schwell der vorbeiflitzenden Motorboote seine Jolle mal wieder bedrohlich ins Wanken bringt, wendet Peder aus Teufelsbrück bloß den Blick ab. „Angeber“, entfährt es ihm zuweilen leise. Dann aber setzt er seinen Zickzack-Kurs über die Elbe unbeirrt fort. Peder klagt wenig, denn Peder ist Segler. Und für „einen richtigen“, so die Auskunft des Segelclubs Altona, gebührt es sich, „mit allem fertig zu werden, egal, was passiert“.

Die alltäglichen Widrigkeiten des Lebens als höchstens hilfsmotorisierter Schiffskapitän – Containerriesen, die das Elbwasser selbst an ruhigen Tagen aufwirbeln und ihn aus der Bahn werfen, Motorschiffe, die ihn im Vorbeifahren naß spritzen, der ständige Kampf gegen die Tide und ihre Strömungsgeschwindigkeit –, Peder nimmt sie sportlich. Bislang. Jetzt aber kündigt sich eine weitere Vertiefung der Elb-Fahrrinnen an und mit ihr die Gewißheit, daß je tiefer der Fluß, desto höher der Wellengang der vorbeifahrenden Containerschiffe, desto höher die Flutstromgeschwindigkeit.

Für alle, schimpfen einige Segler am Anleger Teufelsbrück, hat man die nachteiligen Auswirkungen der Elbvertiefung berechnet, selbst für Ufer-Röhricht und Kleinmuschelgetier. Nur für die Spezies der Segler nicht. Und deshalb überlegt manch Hobby-Skipper jetzt, ob er sich nicht den zürnenden Fischern anschließen und gegen die Elbvertiefung klagen soll.

Im Hamburger Rathaus – der, gemessen an der Anzahl der Segelscheine pro Abgeordneten, wohl seglerkonzentriertesten Zone Norddeutschlands – wird solchem Vorgehen mit äußerster Skepsis begegnet. „Ich“, sagt Roland Salchow, umweltpolitischer Sprecher der CDU, nicht unstolz, „bin im Besitz des zweiten Segelscheins, und es würde mich doch sehr beeindrucken, wenn irgendwelche Segler darüber klagten, weil die Flutstromgeschwindigkeit nach der Vertiefung um zwei Prozent steigt.“

Dieser Ansicht ist auch Baubehörden-Sprecher Jürgen Asmussen, „begeisterter“ Regatta-Segler. „Die Probleme“, traut er sich nicht, öffentlich gegen die vom Senat beschlossene Elbvertiefung zu Felde zu ziehen, „liegen doch ganz woanders.“ Und im besonderen bei den Motorbooten, dem Feindbild des Seglers schlechthin. „Kleine, häßliche Wellen“ verursachten die „mit ihrem Imponiergehabe a la Autofahrer“, und wenn ihm dann „200, 300 Liter“ ins Segelboot schwappten, „ist schon mal das ganze Essen und Trinken verdorben“. Am „bösartigsten“ aber findet Asmussen die steilen Wellen der neumodischen, als äußerst ökologisch weil energieverbrauchsarm geltenden Schnellfähren-Katamarane. Da sei der langsamere und gleichmäßigere Schwell der „Dickschiffe“ doch „erträglicher“.

Segler sind wie Motorradfahrer. Wer sich auf dem Zickzack-Kurs auf der Elbe kreuzt, erklärt Asmussen, hebt automatisch zum Zeichen des Grußes – nicht die Hand, sondern „die Bierdose hoch“: „Beim Segeln“, erklärt er fröhlich, „gibt's keine Promillegrenze.“

Wenn sich daran was ändere... ja, das sei ein Grund zum Klagen! Aber die Elbvertiefung?

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen