: Chemische Kastration für Kindervergewaltiger
■ In Kalifornien müssen sich Sexualstraftäter, die auf Bewährung freikommen wollen, künftig wöchentlich Hormone gegen ihren Sexualtrieb spritzen lassen
Los Angeles (rtr/AP) – In Kalifornien werden zukünftig Männer, die wegen der Vergewaltigung von Kindern verurteilt wurden und auf Bewährung freikommen sollen, chemisch kastriert. Während der dreijährigen Bewährungszeit bekommen sie wöchentlich eine Spritze mit einem synthetischen weiblichen Hormon. Dadurch soll die Produktion des Hormons Testosteron verhindert und der Sexualtrieb verringert werden. Wann die Behandlung zu beenden ist, entscheiden die Behörden. Ein entsprechendes Gesetz unterzeichnete Kaliforniens republikanischer Gouverneur Pete Wilson am Dienstag in Van Nuys. Es sei ein „vernünftiger Schritt“, mit dem der „kranke Impuls der kränkesten Verbrecher“ ausgeschaltet werde, sagte Wilson.
Ob das wirklich so ist, wird von Experten bezweifelt. „Es gibt keinen Beweis, daß die chemische Kastration wirklich Abhilfe schafft“, sagt Ann Bradley von der Amerikanischen Bürgerrechtsunion (ACLU) in Los Angeles, „und es gibt erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, wenn man Leute in ein Programm zwingt, das furchtbare gesundheitliche Folgen haben kann.“ Die ACLU erwägt, rechtliche Schritte gegen das Gesetz einzuleiten. Ein halbes Dutzend US- Bundesstaaten erwägt bereits eine ähnliche Gesetzgebung.
Die Befürworter verweisen auf Erfahrungen in Kanada und Europa. Tatsächlich gilt das Beispiel Dänemark, wo sich Sexualverbrecher im Gefängnis der chemischen Kastration unterziehen können, als Erfolg. So meint Heidi Hansen, leitende Ärztin in der zentralen Kopenhagener Strafvollzugsanstalt für Sexualstraftäter: „Es mag ja mittelalterlich und barbarisch anmuten, doch es ist sicher und wirksam und kann rückgängig gemacht werden.“ Von den 26 Häftlingen, die sich seit 1989 für dieses Verfahren entschieden haben, sind 16 vorzeitig auf Bewährung freigelassen worden. Bedingung war, daß sie sich auch in Freiheit dieser Behandlung unterziehen. Nur einer wurde bisher rückfällig. Ähnliche Verfahren gibt es auch in Deutschland und Schweden; in Peru ist ein Gesetzesentwurf in der Diskussion, der dem kalifornischen Modell entspricht. Dänemark hat Erfahrung mit dem Kastrieren: Zwischen 1935 und 1970 waren dort Sexualstraftäter vor die Wahl gestellt worden: Knast oder „echte“, chirurgische Kastration. Die Methode wurde schließlich verboten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen