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Geisterhaft: Umwelt gegen Umwelt

Naturschutzverband BUND klagt gegen Öffnung der Alten Süderelbe  ■ Von Heike Haarhoff

Für Kai Fabig, Sprecher der Hamburger Umweltbehörde, „ist das eine Gespensterdebatte“: Noch vor wenigen Jahren, erinnert sich Fabig und verschickte gestern wie zum Beweis entsprechende Presseerklärungen der Umweltgruppen von damals, „haben die Naturschutzverbände stets die Öffnung der Alten Süderelbe gefordert“. Doch die Flutung des seit 30 Jahren stillgelegten Flusses in Finkenwerder war zunächst nicht möglich, weil erstens das Geld im Stadtsäckel fehlte; 60 Millionen Mark soll die Öffnung kosten. Zweitens wurde das Stillgewässer vor sieben Jahren mit der Auflage unter Naturschutz gestellt, alle „Eingriffe in den Wasserhaushalt“, also auch die Fluß-Öffnung, zu unterlassen.

Ende August jedoch schuf der Senat die Möglichkeit, die Alte Süderelbe doch in ein tidebeeinflußtes Gewässer rückzuverwandeln. Das sei sie schließlich auch bis zur Sturmflut von 1962 gewesen. Flugs wurden zwei entsprechende Verordnungen erlassen, die die alten naturschutzrechtlichen Bestimmungen nichtig machen sollen. Und nun, nölt Fabig, diese Wende. Gestern reichte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Öffnung der Alten Süderelbe ein.

Der BUND findet sein Vorgehen alles andere als undankbar: Die jüngst vom Senat abgesegnete Fluß-Öffnung sei keineswegs auf naturschützerische Einsicht zurückzuführen, sondern diene einzig dazu, „wirtschaftlich motivierte Projekte realisieren zu können“, schimpfte BUND-Vorsitzende Jutta Becher. Die Flutung ist als ökologische Ausgleichsmaßnahme für den geplanten Ausbau des Hafens in Altenwerder vorgesehen. „Ohne Altenwerder“, gestand selbst der Umweltsenator jüngst vor der Presse, „würde es die Öffnung der Alten Süderelbe nicht geben.“

Das Verwaltungsgericht aber hatte die behördlichen Hafenerweiterungspläne Ende März gestoppt. Begründung: Der Senat habe verschlampt, die ökologische Ausgleichsmaßnahme planungsrechtlich abzusichern. Und das, sagte BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch, solle jetzt wohl nachgeholt werden. Nicht mit uns, klagt der BUND: Durch die Verordnungen werde nur ein bestehendes Naturschutzgebiet in ein anderes verwandelt. Von Ausgleich könne keine Rede sein. Im übrigen hätten die Verbände vor Jahren einer ökologisch wertvollen dreiseitigen, nie aber „der jetzt vorgesehenen, technischen zweiseitigen Öffnung mit gedämpfter Tide“ zugestimmt.

Am Montag wird das Oberverwaltungsgericht über die Hafenerweiterung weiter verhandeln.

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