Kein Geld für Menschenrechtsverletzer

■ Das Europaparlament sperrt 700 Millionen Mark Finanzhilfe für die Türkei. Begründung: Ankara habe seine Kurden- und seine Zypernpolitik nicht geändert

Straßburg (AFP) – Aus Protest gegen die jüngsten Vorfälle auf Zypern und die anhaltende Unterdrückung der Kurden hat das Europaparlament gestern die EU- Finanzhilfe für die Türkei eingefroren. Zugleich forderten die Abgeordneten die Europäische Kommission auf, ab sofort auch alle Mittel zu sperren, die die Türkei im Rahmen des Meda-Programms für die Mittelmeerländer erhalten sollte.

Beim Abschluß der Zollunion mit der Türkei im vergangenen Dezember hatte die Union zur Unterstützung der türkischen Industrie 375 Millionen Ecu (712 Millionen Mark) bereitgestellt, die bis zum Jahr 2000 gezahlt werden sollten. Für das kommende Jahr waren im EU-Haushaltsentwurf Hilfen in Höhe von 53 Millionen Ecu (rund 100 Millionen Mark) vorgesehen. Dieser Betrag wird dem Beschluß des Parlaments zufolge nun eingefroren. Für das Meda-Programm stehen insgesamt 3,5 Milliarden Ecu (rund 6,65 Milliarden Mark) zur Verfügung. Hilfen aus diesem Programm kann die Kommission aufgrund von Anträgen aus den einzelnen Ländern bewilligen.

In einer Entschließung äußerte sich das Parlament „bestürzt“ über den „kaltblütigen und brutalen Mord“ Ende August an zwei unbewaffneten jungen Zyprern. Die beiden waren an der Demarkationslinie zwischen dem griechischen und dem türkisch besetzten Teil Zyperns von türkischen Soldaten erschossen worden.

„Tief besorgt“ äußerte sich das Europaparlament auch über die neuesten Militäraktionen der türkischen Streitkräfte im Osten des Landes und die Absicht der Regierung in Ankara, an der irakischen Grenze eine Pufferzone einzurichten. Dies wäre eine „schwere Verletzung des Völkerrechts“.

Vertreter der meisten Parlamentsfraktionen zeigten sich verbittert darüber, daß die Regierung in Ankara die bei Abschluß der Zollunion erteilten Zusagen nicht eingehalten habe. In der Türkei werde weiter gemordet, Zeitungen würden verboten, kurdische Dörfer zerstört und die Opposition werde bedroht, betonte der österreichische Sozialdemokrat Albrecht Konecny. Die deutsche Grüne Claudia Roth warf der EU eine „zynische“ Türkeipolitik vor, die sich allein an den Interessen der EU orientiere und die Menschenrechtsverletzungen in dem Lande hinnehme.