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Mehr Geld für Bildung und für Polizei

■ Koalitionsausschuß einig: Streit um Lehrer-Mehrarbeit vertagt / „Bremische“ soll Rendite bringen / Investitionspläne kürzen

12 Stunden haben die Koalitionäre am vergangenen Freitag im Koalitionsausschuß gerungen, die meiste Zeit über die Schulpolitik gestritten und die Arbeitszeit für Beamte. Und diese beiden Punkte wurden in aller Form vertagt: Einzügige gymnasiale Bildungsgänge an Schulzentren sind zu teuer, sagt die CDU. Sie sind bildungspolitisch das Herzstück der Idee von durchlässigen Schulzentren, sagt die SPD. Der Konflikt ist mehr als zehn Jahre alt, jetzt wurde er an eine Arbeitsgruppe überwiesen.

Die Lehrer sollen eine Stunde mehr unterrichten wie in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und anderswo, sagt die CDU. Der 45-Minuten-Takt ist sowieso überholt, man muß modellhaft andere Formen ausprobieren, sagt die SPD. Seit vier Jahren. Lehrer sollen länger in der Schule bleiben, aber nicht unbedingt unterrichten. Der Konflikt um den Kooperationsverrtrag mit der GEW ist alt. Mit Verwunderung habe er erfahren, daß es bisher keinen einzigen Modellversuch gibt, berichtete der CDU-Landesvorsitzende Bernd Neumann von der Koalitionsrunde. Bis zum Sommer 1997 soll es erfolgreiche Modelle geben, sonst werde die Unterrichtsverpflichtung um eine Stunde angehoben, beschlossen die Koalitionäre.

Die Arbeitszeit der Beamten soll wieder auf 40 Stunden angehoben werden wie in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, sagt die CDU. Die Arbeit muß gerechter verteilt werden, sagt die SPD. Für Bremen soll es deshalb einen „Solidarpakt“ mit den Gewerkschaften für den Öffentlichen Dienst geben. Seit Beginn der Koalition gab es mehrere Gespräche, herausgekommen ist bisher nichts. Man wolle weiter abwarten, ob da nicht etwas herauskomme, beschloß der Koalitionsausschuß.

Richtig helfen wollen die Koalitionsparteien dagegen den beiden Ressorts, die mit ihren Haushaltsmitteln nicht auskommen und Überschreitungen für 1996 in einer Größenordnung von jeweils zehn Millionen angekündigt haben: Bildung (Kahrs, SPD) und Inneres (Borttscheller, CDU). Beide sollen ab 1997 um 10 Millionen höhere Eckwerte bekommen, für 1996 aber soll der Senat die Lücke irgendwie anders füllen, beschloß die Koalitionsrunde. Bei den anderen Ressorts soll es entsprechende Abstriche geben.

Investitionen kürzen

Ohne großen Streit hat die Koalitionsrunde eine regelrechte Kehrtwende der bremischen Finanzpolitik beschlossen: Bremen will bei den Nachverhandlungen über die Bonner Sanierungsmilliarden 1997 versprechen, daß 1997 100 Millionen, im vierten und letzten Jahr der großen Koalition 1998 dann 300 Millionen in den Schuldenabbau gesteckt werden sollen. „Unter dieser Voraussetzung ist das Investitionssonderprogramm mit den beschlossenen Projekten zügig umzusetzen“, heißt es in den Koalitionsausschuß-Beschlüssen sybillinisch – und jeder weiß, daß genau das Gegenteil gemeint ist: Die Investitionen müssen eben notfalls entsprechend gestreckt werden, räumte der CDU-Parteichef Neumann auf Nachfrage ein. „Ein Stück Korrektur“ sei das.

Gleichzeitig hat der Koalitionsausschuß aber für den Etat 1997 klargemacht, daß das derzeit klaffende Loch von mehr als 220 Millionen nicht durch Einsparungen geschlossen werden kann: die derzeitigen Maßnahmen sollen nur fortgesetzt werden. Bei den Einnahmen soll der Finanzsenator mit einem Plus von 10 Millionen durch die erneute Anhebung der Grund-steuer (von 490 auf 530 Punkte) rechnen. Der Rest soll nicht im konsumtiven Bereich eingespart werden, sondern durch geringere Ausgaben bei den Investitionen. Finanzsenator Nölle soll das tun, was er vor Monaten abgelehnt hatte: durch Leasing-Modelle die Investitionskosten auf die Folge-Jahre abwälzen. Das ändert im Kern nichts, statt Zinsen werden in vergleichbarer Höhe dann Leasing-Raten fällig. Aber es tauchen eben keine zusätzlichen Schulden in dem Zahlenwerk auf.

Privatisierungsoffensive

Weil die Kosten für den Stadtreperaturfonds und die aufgelaufenen Vulkan-„Risiken“ aus vergangenen Subventionen eine Milliarde übersteigen, mußte die SPD der Privatisierungs-Offensive der CDU zustimmen: Zwar werden nur 49,9 Prozent der Bremischen verkauft, dies allerdings unter „Beteiligung an der unternehmerischen Führung“. Mit diesem Zusatz seien die 49 Prozent der „Bremischen“ nicht nur 20 Millionen, sondern 100 Millionen wert, freute sich Neumann. SPD-Parteichef Detlev Albers will gleichzeitig einen Kapitalgeber aus Bremen suchen, der Rücksicht auf die sozialen Belange der Mieter nimmt und nicht nur die Verzinsung des drastisch höheren Kaufpreises im Auge hat.

Auch der bremische Anteile an der Landesbank soll verkauft werden, möglichst an einen bremischen Käufer. Da mit dem Kaufpreis nicht Staatsschulden getilgt werden, fehlen nach dem Verkauf schlicht Jahr für Jahr die jährlichen Dividenden aus den Landesbank-Anteilen bei den bremischen Staatseinnahmen.

Bleiben soll es bei dem verabredeten Verkauf von 49 Prozent der BEB.

Fortsetzung S. 22

Auch bei der Gewoba wollen die Koalitionäre nur 51 Prozent in staatlicher Hand behalten, d.h. 24 Prozent der staatlichen Anteile können verkauft werden (25 Prozent gehören schon Banken). Dies sollte bald geschehen, meinte Detlev Albers, nicht erst nach der Umwandlung der Gewoba in eine Aktiengesellschaft.

Keine Maßnahmen gegen Janknecht

Eingesehen hat CDU-Unterhändler Bernd Neumann, daß das von ihm geforderte Disziplinarverfahren gegen den Generalstaatsanwalt Hans Janknecht rechtswidrig wäre. Neumann hatte mehrfach gefordert, den Chef der Staatsanwaltschaft aus dem Amt jagen, weil der die Durchsuchung von Medien und Journalisten-Wohnungen zu verantworten hat. Ein Experte seines Vertrauens, so berichtete Neumann vor den Journalisten, habe aber die Rechtsauffassung des Justizressorts bestätigt: Nach der geltenden Verordnung muß der Senator nicht über eine einzelne wichtige Schritte in einem Ermittlungsverfahren unterrichtet werden. Janknecht hatte dies insbesondere mit Hinweis auf die mögliche Befangenheit von Scherf abgelehnt. Diese Verordnung, so schloß Neumann, müsse nun für die Zukunft verändert werden. K.W.

Fortsetzung von Seite 21

Auch bei der Gewoba wollen die Koalitionäre nur 51 Prozent in staatlicher Hand behalten, d.h. 24 Prozent der staatlichen Anteile können verkauft werden (25 Prozent gehören schon Banken). Dies sollte bald geschehen, meinte Detlev Albers, nicht erst nach der Umwandlung der Gewoba in eine Aktiengesellschaft.

Keine Maßnahmen gegen Janknecht

Eingesehen hat CDU-Unterhändler Bernd Neumann, daß das von ihm geforderte Disziplinarverfahren gegen den Generalstaatsanwalt Hans Janknecht rechtswidrig wäre. Neumann hatte mehrfach gefordert, den Chef der Staatsanwaltschaft aus dem Amt zu jagen, weil der die Durchsuchung von Medien und Journalisten-Wohnungen zu verantworten hat. Ein Experte seines Vertrauens, so berichtete Neumann vor den Journalisten, habe aber die Rechtsauffassung des Justizressorts bestätigt: Nach der geltenden Verordnung muß der Senator nicht über einzelne wichtige Schritte in einem Ermittlungsverfahren unterrichtet werden. Janknecht hatte dies insbesondere mit Hinweis auf die mögliche Befangenheit von Scherf abgelehnt. Diese Verordnung, so schloß Neumann, müsse nun für die Zukunft verändert werden.

K.W.

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