piwik no script img

■ QuerspalteSieg der Liebe

Das war dann doch zuviel. Daß er mit seiner Freundin davongelaufen und eine Woche lang untergetaucht war, hätte der Bischof ja noch durch verschärfte Vaterunser ausbügeln können. Daß er plötzlich einen 15jährigen Sohn hat, ist auch nicht ganz so ungewöhnlich – schließlich bedeutet der gar nicht seltene Nachname „McAnespy“ nichts anderes als „Sohn des Bischofs“. Vielleicht hätte man ihm sogar verziehen, daß er der Mutter seines Sohnes noch vor zwei Wochen versprochen hat, mit ihr durchzubrennen, aber dann mit einer anderen davonlief. Doch daß er seine ehemaligen Schäfchen nun für blöd verkaufen will, war zuviel.

Roderick Wright, eben noch Bischof für Argyll und die Inseln des schottischen Hochlands, hatte sich mit seiner Freundin Kathleen McPhee in Kendal im englischen Lake District versteckt, um dem „Medienrummel zu entgehen“. Den hatten sie freilich selbst inszeniert: Für eine „fünfstellige Summe“ vertrauten sie der News of the World die Einzelheiten ihrer Beziehung an. „Wir haben uns umarmt und einander geküßt“, erzählt der bischöfliche Aussteiger, „aber nur auf die Wange und auf die Stirn, niemals auf die Lippen.“ Die Nachbarn in Kendal wissen mehr: Sie berichten, das Pärchen habe sich „damit abgemüht, eine Doppelmatratze ins Haus zu schleppen“.

Das Boulevardblatt verkauft die Geschichte als „Sieg der Liebe über die kalte Vernunft“. Da halfen auch Gebete und kalte Duschen nichts, er mußte immer an sie denken, heißt es. Die katholische Hierarchie in Schottland rauft sich die Haare. In seiner Predigt in Wrights Heimatkathedrale von Oban verglich Pfarrer Sean Mac Auley seinen ehemaligen Vorgesetzten mit Judas: „So wie Christus durch einen in seiner Gruppe für 30 Silberlinge verraten wurde, so fühlen wir uns jetzt verraten.“ Tory-Staatssekretärin Ann Widdecombe, vor ein paar Jahren zum Katholizismus konvertiert und seitdem selbsternannter Moralapostel, forderte sogleich die Exkommunizierung. Wie wäre es mit einer zünftigen Kreuzigung? Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen