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Nölle erwägt Rückzug von NF-Bank

■ Nach Banken-Prüfung könnte Treuhänder übernehmen / Reaktion auf Kritik an Doppelrolle

Die öffentliche Kritik und Mutmaßungen über mögliche Interessenkonflikte zwischen den Funktionen des Bankbesitzers und des Finanzsenators zeigen Wirkung: Ulrich Nölle (CDU) erwägt, seinen Anteil an der Nordfinanz-Bank an einen Treuhänder abzugeben. Zuvor werde aber die NF-Bank bis zum Ende des Jahres von unabhängigen Gutachtern geprüft, sagte Nölle der taz. Im verschwiegenen Berliner Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen wollte man den Prüfauftrag nicht dementieren.

CDU-Frontmann Nölle und sein Senatskollege Innensenator Ralf Borttscheller hatten Ende Juli in einer Spontanaktion, gemeinsam mit den beiden Vorständen Hans-Jörg Kern und Jörn-Michael Gauss, die NF-Bank übernommen. Der Kaufpreis – nach unbestätigten Angaben 35 Millionen Mark – soll aber erst 1998 fließen. Bis dahin sollen weitere Finanziers gefunden sein. Zum Zeitpunkt von Nölles Eingreifen stand der Bank das Wasser bis zum Hals: Der Besitzer, der Münchener Finanzjongleur Benedikt Symeonides, war wegen Betrugsverdachts festgenommen worden.

Kritik an der Doppelfunktion wischt Nölle mit dem Hinweis auf die Rettung der Bank und ihrer 100 Arbeitsplätze vom Tisch. Interessenkonflikte seien ausgeschlossen. „Die Leute standen bis auf die Straße, um ihre Einlagen abzuziehen. In drei Tagen wäre die Bank pleite gewesen. Wir waren die einzigen, die die Bank ad hoc übernehmen konnten“, begründet Nölle seinen Schritt. Alle anderen Übernehmer hätten mindestens vier Wochen prüfen müssen, so Vorstand Kern.

Nölle kennt die NF-Bank gut, seit er 1984 als Vorstand der Sparkasse in den Aufsichtsrat eingezogen war. Auch Borttscheller war als Nölles Rechtsberater im Bilde. Doch genau hinter dieser engen Verbindung mit dem Geldhaus wittern Kritiker Unrat.

Denn die Geschichte der NF-Bank ist einigermaßen dubios, seit die Bremer Landesbank und die Sparkasse 1988 ihre Anteile verkauft hatten. Symeonides, dem die Staatsanwaltschaft München unter anderem vorwirft, mit gefälschten und mehrfach ausgegebenen kommunalen Schuldscheinen einen Schaden von 250 Millionen Mark angerichtet zu haben, war nur der Schlußpunkt in einer Kette von wenig soliden Besitzern.

Bankenprüfer wissen, daß die Bank bei ihrem Aufstieg von einer reinen Teilzahlungsbank zu einer kleinen Privatbank mit einer Bilanzsumme von 850 Millionen Mark schnelles Wachstum vor Sicherheit gesetzt hatte und daher erhebliche Risiken eingegangen war. Symeonides mußte 1994 und 1995 faule Kredite in Höhe von 24,5 Millionen Mark ausgleichen.

Als der Geschäftsmann Mitte 1994 die NF-Bank kaufte, legte er nicht, wie es sich für Bankbesitzer geziemt, sein Vermögen offen. Deshalb wurde der Vorsitzende des Aufsichtsrates als Treuhänder eingesetzt. „Symeonides hat sich nie um das Geschäft gekümmert“, versichert Kern. Zwar habe die NF-Bank sich von Symeonides' Firma GGK kommunale Schuldscheine für 21 Kommunen in Höhe von 128 Millionen vermitteln lassen. Gegen Fälschungen habe man sich aber abgesichert.

Als Nölle Ende März 1996 den Vorsitz im Aufsichtsrat übernahm, wurde er auch Treuhänder für Symeonides. Er habe den Griechen gedrängt, seine Finanzen endlich, fast zwei Jahre nach der Bankübernahme, zu klären, sagt Nölle. Der Geschäftsmann habe ihn mit dem Hinweis auf langsam arbeitende Wirtschaftsprüfer vertröstet. „Ich habe den Mann zweimal getroffen und hatte an seiner Seriosität keinen Zweifel“.

Dabei waren in der NF-Bank schon im Mai 1995 Hinweise auf krumme Deals des Selfmade-Mannes eingegangen. Die Staatsanwälte suchten nach Hinweisen auf den Verbleib von 63 Millionen Mark Termingelder, bestätigt Vorstand Kern. In diesem Zusammenhang waren auch Guthabenkonten von Symeonides gesperrt worden. Allerdings wurde die Sperrung laut Kern schnell wieder aufgehoben. „Wir mußten annehmen, daß die Sache geregelt war“, so Kern.

jof

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