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Israelische Panzer vor Bethlehem

■ Rundfunkappelle rufen Palästinenser zu Ruhe und Besonnenheit auf. Israelische Soldaten in Nablus mit Zustimmung der palästinensischen Polizei ausgetauscht. Araber in Israel treten in Generalstreik

Nablus/Moskau (AFP/taz) – Trotz der aufgeladenen Emotionen aus Wut und Feindseligkeit zeigten Israelis und Palästinenser auch Verständnis füreinander. Palästinensische Polizisten erlaubten gestern, daß die bei Nablus eingeschlossenen und belagerten israelischen Soldaten von anderen Soldaten abgelöst werden. Der zuständige israelische Kommandeur General Uzi Dajan hatte sich darauf mit Vertretern der palästinensischen Polizei geeinigt, berichtete der israelische Armeerundfunk. Die neuen Soldaten für den Stützpunkt am Josefsgrab seien mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten ausgestattet.

Am Donnerstag abend hatte die aus 41 Soldaten bestehende Einheit sechs getötete Israelis und sieben Verletzte aus dem belagerten Gebäude abtransportieren können. Nach Angaben des Armeesenders schloß die israelische Regierung in ihrer Sondersitzung aus, den Stützpunkt aufzugeben.

Bei den Unruhen am Donnerstag waren 49 Palästinenser und 11 Israelis getötet worden. Die israelische Armee riegelte gestern morgen die Grenzen zu den Autonomiegebieten ab und versperrte somit rund zwei Millionen Palästinensern den Zugang nach Israel. Vor Bethlehem, einem der Zentren der Unruhen, fuhren zwei israelische Panzer auf.

Der palästinensische Rundfunk rief die Bewohner der Autonomiegebiete zu Ruhe und Besonnenheit auf. Die Rundfunkappelle deuteten nach Ansicht von Beobachtern auf Bemühungen des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat hin, die Situation wieder unter Kontrolle zu bekommen. Zahlreiche Angehörige seiner 30.000 Mann starken Sicherheitstruppe hatten am Donnerstag an den Schießereien mit israelischen Soldaten teilgenommen. Rund 900.000 Araber in Israel befolgten gestern den Aufruf zu einem Generalstreik, um so ihre Solidarität mit den Palästinensern in den Autonomiegebieten zu bekunden. In der Stadt Tulkarem im Westjordanland kam es zu einem Schußwechsel mit israelischen Soldaten. Drei israelische Grenzpolizisten seien verwundet worden.

Der israelische Generalstabschef Amnon Schahak sagte, daß „Hunderte von Palästinensern“ getötet worden wären, wenn sich seine Soldaten nicht zurückgehalten hätten. Er warf der Autonomieverwaltung vor, die Demonstrationen angestiftet zu haben. Palästinensische Polizisten hätten zuerst auf israelische Soldaten geschossen, die die Situation beruhigen wollten.

Der umstrittene Tunnel am Tempelberg wurde gestern von der Jerusalemer Stadtverwaltung geschlossen. Allerdings galt die Schließung nur für den gestrigen muslimischen Feiertag. Am Donnerstag hatten trotz der Unruhen rund 200 Touristen den Tunnel besucht.

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