: Soldatenmütter geehrt
■ Alternativer Nobelpreis geht in diesem Jahr auch an russische Initiative
Stockholm (taz) – Der Alternative Nobelpreis geht in diesem Jahr unter anderem an das „Komitee der Soldatenmütter Rußlands“. Die 1989 gegründete Bewegung wurde vor allem durch mehrere spektakuläre Aktionen wie dem Marsch nach Grosny bekannt. Die Frauen waren in die tschetschenische Hauptstadt gefahren, um ihre Söhne aus dem Krieg zurückzuholen. Die Initiative richtete ferner ein Rehabilitationszentrum für aus Gesundheitsgründen ausscheidende Wehrpflichtige ein und leistet Soldaten juristischen Beistand.
Im Gefolge des Tschetschenienkrieges starteten die Soldatenmütter außerdem eine Kampagne zum Recht auf Kriegsdienstverweigerung. Die „Right Livelihood“-Stiftung begründete die Vergabe mit „dem mutigen und exemplarischen Kampf für die Achtung der Menschenrechte des russischen und tschetschenischen Volkes und ihrer Opposition gegen den Militarismus“.
Die Soldatenmütter teilen sich den mit insgesamt 250.000 Dollar dotierten Preis mit dem griechischen Homöopathen George Vithoulkas und der indischen Vereinigung „Kerala Sastra Sahithya Parishat“ (KSSP). Vithoulkas wird für seinen „außerordentlichen Beitrag zur Wiederbelebung der klassischen Homöopathie“ ausgezeichnet. Sein Wirken habe dazu beigetragen, daß die Homöopathie mittlerweile als Alternative zu anderen medizinischen Schulen und Traditionen ernst genommen werde.
Vithoulkas hat seit Mitte der siebziger Jahre eine breite internationale Konferenz- und Seminaraktivität entfaltet. Seine Publikationen, etwa die „Wissenschaft der Homöopathie“, sind in über 20 Sprachen übersetzt worden. Zur Zeit arbeitet er an einem 16bändigen Lexikon der Homöopathie, von dem die ersten sechs Bände bereits in deutscher Übersetzung vorliegen.
Dritter Preisträger ist die indische Stiftung KSSR. 1961 gegründet, hat es sich die KSSR zum Ziel gesetzt, die einheimische Malayalee-Sprache zu entwickeln. Von den mittlerweile 60.000 Mitgliedern der Bewegung sind 10.000 Lehrer. Sie versuchen, die soziale Entwicklung unter Berücksichtiugung historischer, ökologischer und kultureller Voraussetzungen voranzubringen. Erste Erfolge in der Bildungsarbeit sind bereits zu verzeichnen. So konnte in Kerala das Analphabetentum fast vollständig überwunden werden.
Außerdem engagiert sich die Bewegung in ökologischen Fragen, vor allem in der Vermittlung von Methoden bodenschonender Landwirtschaft und dem Schutz bedrohter Waldgebiete. Allein durch den Austausch alter Öfen in über einer halben Million Häuser konnte der jährliche Holzeinschlag für Brennstoffzwecke in Kerala um eine knappe Million Tonnen gesenkt werden. Das Beispiel der KSSR hat in den letzten Jahren zu ähnlichen Bewegungen auch in anderen Teilen Indiens geführt.
Mit dem diesjährigen Ehrenpreis der Stiftung wurde der US- Ökonomieprofessor Herman Daly ausgezeichnet. Er war eine der Schlüsselfiguren bei der Gründung der internationalen Gesellschaft der ökologischen Ökonomen („International Society for Ecological Economics“, ISEE) im Jahre 1989. Daly habe schlüssig bewiesen, so die Stiftung, daß mehr Wachstum nicht zu mehr gesellschaftlichem Reichtum, sondern wegen ihrer Umwelteffekte zu einer Verarmung führe. Überreicht werden die alternativen Nobelpreise bei einer Feier am 9. Dezember im schwedischen Parlament. Reinhard Wolff
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