: Beamtenausbildung: anerkannt miserabel
■ Wissenschaftssenator Radunski ist bereit, Beamtenzöglinge aus der Kuratel des Innensenators zu befreien. Brandenburg schult seinen Verwaltungsnachwuchs schon „in offener Umgebung“
Im Umkreis von Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) wird massive Kritik an der Berliner Verwaltungsfachhochschule (FHVR) geübt. Die unter Kuratel der Innenverwaltung stehende FHVR sei ein Auslaufmodell, sagte ein leitender Beamter Radunskis der taz. Die Ausbildung sei schmalspurig, das Niveau teilweise schlecht, und es sei „etwas untypisch, verbeamtete Studenten zu haben“. Die Wissenschaftsverwaltung wolle die FH gern in eigener Regie führen, fordere dies aber nicht – aus politischer Rücksichtnahme auf den Innensenator.
Die Innenverwaltung will die Ausbildung von Beamten des gehobenen Dienstes nicht aus der Hand geben. Derzeit studieren rund 3.000 Steuer- und Justizbeamte sowie solche für die Allgemeine Verwaltung an der FHVR. Die 1994 nach Lichtenberg verlegte Einrichtung gilt als bloßes Anhängsel der Innenverwaltung: Die Professoren sind praktisch einer Sachbearbeiterin der Innenbehörde nachgeordnet. Die legt die Prüfungsordnung fest und nimmt Einfluß auf den Lehrplan.
Zweifel an der Qualität der FHVR waren wegen des Streits um „Public Management“ aufgekommen. Wie berichtet weigert sich die Innenverwaltung, den modellhaften Studiengang „Öffentliches Dienstleistungsmanagement/Public Management“ (Puma) zu Ende zu führen. Puma hatte, großzügig unterstützt durch den Bund, erstmalig richtige, weil nicht verbeamtete Studis an die FHVR gebracht.
Normalerweise wählt die Innenverwaltung die Zöglinge der verwaltungsinternen Nachwuchsschmiede aus und delegiert sie als Inspektorenanwärter an die FHVR. Im Gegensatz zu Studenten anderer Fachhochschulen erhalten die Anwärter von Anfang an Gehalt. „Die Bewerberzahl ist hoch, die Anwärterbezüge sind hoch – aber die Abiturnoten der Studenten sind sehr niedrig“, kommentiert man im Hause Radunskis diese Auswahlpraxis. Aber auch die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sollten ein „breitangelegtes, flexibles Studium in offener Umgebung führen“, sagte Martin Gorholt, Sprecher des Potsdamer Wissenschaftsministeriums. Brandenburg führt seine Verwaltungsausbildung deswegen ab sofort an einer richtigen FH durch.
Auch in der Berliner Wissenschaftsverwaltung gibt es offenbar ein Szenario, wie die FHVR aus der Umklammerung durch das Innenressort zu lösen wäre: Die bisher vollbezahlten „Studenten“ würden künftig wie alle anderen FH-Studenten auch behandelt. Mit den freiwerdenden Mitteln könnten dann innovative Studiengänge wie Puma weiterentwickelt werden. In der Hochschule selbst wünschen sich zahlreiche Professoren lieber heute als morgen den Schritt in die Freiheit von der Innenbehörde. Entnervt von den permanenten Eingriffen, monierte ein Hochschullehrer in einem offenen Brief die „verblüffende Ahnungslosigkeit der für Aus- und Fortbildungsfragen zuständigen Abteilung“ der Innenverwaltung. Christian Füller
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