: DST: Wellensiek glaubt an rasche Lösung
■ Belegschaft demonstrierte gegen Banken / Investor sprang ab / STN will DST nicht
Jobst Wellensiek hält bei der DST Deutsche Systemtechnik einen außergerichtlichen Vergleich für möglich. Der frisch eingesetzte Vergleichsverwalter des Elektronikunternehmens hofft, daß es bei einem Treffen des Bankenpools am Montag erste Lösungsansätze für die Liquiditätskrise geben wird. Bei einer der fünf Hausbanken hieß es, man sei bereit, ein tragfähiges Konzept zu unterstützen.
Die 700 Mitarbeiter in Bremen und Kiel können in der nächsten Woche ihre Septembergehälter erwarten, kündigte Wellensiek gestern bei Betriebsversammlungen an. Das Arbeitsamt Bremen habe der Vorfinanzierung des Konkursausfallgeldes zugestimmt.
Dennoch richtet sich der Zorn der 700 Mitarbeiter und ihrer Gewerkschaften gegen die Bankhäuser, die DST abrupt den Kredithahn zugedreht hatten. 300 DST-Leute demonstrierten gestern mittag in der Innenstadt vor den DST-Hausbanken Sparkasse und Bremer Bank. Die Belegschaft hat schon Opfer gebracht: Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld und – wohl einmalig in der Tariflandschaft – unbezahlte Überstunden.
Auslöser für den plötzlichen Rückzug der Geldhäuser, die wochenlang mit DST über ein Sanierungskonzept verhandelt hatten, war offenbar der Rückzug eines potentiellen Investors. Dieser hätte DST neues Eigenkapital in Höhe von bis zu 30 Millionen Mark zuschießen sollen. Das sei Teil des Sanierungskonzeptes gewesen, hieß es aus Bankenkreisen. Die Banken hätten zuvor schon auf einen Teil ihrer Kredite verzichtet.
Nun verhandelt DST mit einer Berliner Investmentgesellschaft. Ein industrieller Übernehmer für die ehemalige Rüstungsfirma, die inzwischen ihren Militäranteil auf 35 Prozent heruntergefahren hat, sei schwer zu finden, so der geschäftsführende Gesellschafter Hans-Jörg Zobel. Solche Unternehmen seien nur an einzelnen Teilen und dem technischen Know-How der DST interessiert. Die Liquiditätslücke sei aufgetaucht, weil Kunden ihre Aufträge nach hinten verschoben hätten.
In der DST-Geschäftsführung hieß es, man müsse sich bis Mitte November einigen. Wenn nicht, springen die Kunden ab, und es sieht böse aus für den Fortbestand der Osterholzer High-Tech Firma. Die Landesregierungen von Bremen und Schleswig-Holstein wollen Kredite in einer Höhe von 16 Millionen Mark verbürgen – vorausgesetzt die EU stimmt zu. Am Mittwoch fahre er ohnehin in Sachen Vulkan nach Brüssel, da könne er dann das Thema DST gleich mit ansprechen, so der Lieblingssequestor des Bremer Amtsgerichts, der auch den Vulkan durch die Insolvenz führt. Mit der Bürgschaft käme DST über den Herbst, bis im Januar wieder größere Eingänge erwartet würden, sagte DST-Chef Uwe Thomas, Ex-SPD-Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein.
Nach Auskunft von Zobel, der als Top-Manager 1990 die einstige Rüstungssparte des Philips-Konzerns mit einem Kollegen übernommen hatte, habe die Firma aber ihre Kreditlinie von 104 Millionen Mark nicht voll ausgeschöpft und schulde den Banken 86 Millionen.
Zu Spekulationen, Wellensiek könne versuchen, DST mit seinem anderen „Schützling“, der ehemaligen Vulkan-Tochter STN-Atlas Elektronik, zusammen zu verkaufen, sagte der Verwalter: „Man muß alles ausloten“. Bei STN Atlas, das in manchen Geschäftsbereichen mit DST konkurriert, hält man solche Überlegungen jedoch für wenig hilfreich. Gerade seien konkrete Übernahmeangebote eingegangen. Da könne man das ganze Verkaufspaket nicht wieder aufknüpfen. jof
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