: Klinik für Straftäter ist beschlossene Sache
■ Landschaftsausschuß beschließt Neubau in Herten. Anwohner protestieren heftig
Münster (taz) – Die umstrittene Straftäterklinik in Herten wird gebaut: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hat sich endgültig für den Neubau der Klinik in Herten im Norden des Ruhrgebiets entschieden. Der LWL ist in Nordrhein-Westfalen für die Unterbringung psychisch kranker Straftäter verantwortlich. Den politischen Beschluß zum Neubau faßte der zuständige Landschaftsausschuß mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen gestern in Münster. Von den 23 Politikern stimmten lediglich zwei nicht zu. Ein Vertreter der SPD aus Gelsenkirchen, der als einziger dagegen votierte, wurde von den Demonstranten aus Herten mit Standing ovations gefeiert.
Die Hertener Klinikgegner kündigten im Anschluß an die Entscheidung an, „jetzt erst recht“ den Widerstand gegen das Pojekt forcieren zu wollen. Auf Plakaten hieß es: „Wir sind das Volk – Herten wehrt sich“.
Am Zug ist nun der Düsseldorfer Gesundheitsminister Axel Horstmann, der als Bauherr der Klinik fungiert. Die Stadt Herten und die örtliche Bürgerinitiative wollen die Baupläne jetzt auch mit allen juristischen Mitteln bekämpfen.
Die neue Klinik, die 90 vermindert schuldfähigen oder schuldunfähigen Straftätern einen Therapieplatz bieten soll, ist in erster Linie zur Entlastung der mit 350 Patienten größten deutschen forensischen Klinik im westfälischen Eickelborn gedacht. Die dortigen Zustände, so sagte der grüne LWL- Fraktionssprecher Klaus Behling, seien schon lange „nicht mehr verantwortbar“. 40 Prozent der Eickelborner Patienten stammen aus dem Ruhrgebiet. Auch unter therapeutischem Gesichtspunkt sei es deshalb angebracht, so die einhellige Meinung im LWL, eine solche Klinik im Ruhrgebiet zu bauen, weil die Heimatnähe bei der Wiedereingliederung helfe.
Weil die jahrelange Suche nach einem neuen Klinikstandort regelmäßig schon im Vorfeld an den Protesten vor Ort gescheitert war, hatte der Landschaftsverband sich im Einvernehmen mit der Landesregierung zuletzt dafür entschieden, den Bau auch gegen den Willen der Gemeinde durchzusetzen. Bei einem überörtlichen Interesse läßt das Bundesbaugesetz diesen Weg zu. Auf die Ankündigung aller drei Fraktionen, man werde jetzt in Herten versuchen, „Akzeptanz herzustellen“, antworteten die ZuschauerInnen mit „Niemals, niemals“-Rufen. Die erbetene Zustimmung und gemeinsame Umsetzung des Projektes werde es „nie“ geben. Walter Jakobs
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