: Übernahme statt Gründung
■ Bankerin Kück weist auf Alternative zu riskanten Existenzgründungen hin
Frauen und Geld – das scheint zumindest noch bis weit in dieses Jahrhundert hinein eine nicht ganz unproblematische Angelegenheit gewesen zu sein. Wußten Sie schon, daß Frauen erst seit 1907 über einen eigenen Lohn verfügen durften? Haben Sie je von der ersten Frauenbank gehört, die 1913 von selbständigen Frauen gegründet wurde und als erstes Kreditinstitut Frauen ihr Einkommen eigenständig verwalten ließ? Wußten Sie schon, daß bis 1953 das Vermögen einer Frau nach ihrer Heirat automatisch in den Besitz des Ehegatten überging? Oder etwa, daß eine Ehefrau bis 1977 die Erlaubnis ihres Mannes benötigte, wenn sie erwerbstätig sein wollte?
Offenbar ist das Thema Geld für viele Frauen bis heute ein heikles Thema, zumindest, wenn es um den erfolgreichen Erwerb und seine Vermehrung geht. Nicht so für Prof. Dr. Marlene Kück, der Chefin der „Bank für kleinere und mittlere Unternehmen“, die am Montag in Zusammenarbeit mit dem Frauenforschungs-, Bildungs- und Informationszentrum (FFBIZ) zu einer Vortragsveranstaltung zu diesem heiklen Thema einlud: „Ich fühlte mich schon immer von Geld angezogen“, erklärt die Tochter zweier selbständig erwerbstätiger Elternteile ohne Umschweife. Nachdem sie in jahrelanger Zusammenarbeit mit alternativen Projekten wie dem „Stadtwerk“ oder „Netzwerk“ nach eigener Aussage „Selbstausbeutung betrieben“ hatte, wechselte die promovierte und habilitierte Volks- und Betriebswirtin ins Bankgeschäft.
Das Verhältnis des FFBIZ zum Geld ist ebenfalls nicht sonderlich kompliziert: es hat nämlich keins. Das Frauenforschungszentrum, das vor 17 Jahren gegründet wurde, erhält staatliche Unterstützung nur in der Minimalförderung von einer Dreiviertelstelle und der Finanzierung der Charlottenburger Mieträume. Zuwenig für ein Institut mit Forschungspotential, Archiv-, Bibliotheks- und Galerieräumen. Das auf Sponsoring angewiesene Projekt beschäftigt die meisten Mitarbeiterinnen auf ehrenamtlicher Basis.
Erhebliche Bereiche fallen aber auch in die Zuständigkeit von Praktikantinnen. Wie die Ausstellung zu dem Thema „Geld und Frauen“, die noch bis zum 20. Oktober in den Galerieräumen zu sehen ist. Claudia Bexte, Praktikantin des FFBIZ und Studentin der Erziehungswissenschaften tauchte über Monate in die dunklen Sphären von Frauenbanken, diskriminierenden Gesetzeslagen und den feministischen Bestrebungen vergangener Jahre nach ökonomischer Unabhängigkeit.
Wie Bextes Ausstellung zum Thema „Frauen verdienen Geld“ und diverse historische Vorträge anschaulich machten, scheint es selbst unter äußerst widrigen Umständen immer noch einen Raum gegeben zu haben, in dem sich Frauen erfolgreich ihrer Vermögensvermehrung widmen konnten. Zumindest dann, wenn sie verwitwet oder ihre Ehemänner verschollen waren. Doch funktioniert der selbständige Gelderwerb von Frauen auch heute noch erst dann, wenn die männliche Konkurrenz ausgeschaltet ist?
Daß in der Tat viele Geschäftsfrauen über relativ wenig Kapital und verglichen mit ihren Kollegen noch seltener über Machtpositionen verfügen, ist für die Bankerin Kück noch lange kein Grund für Pessimismus. Ihr probater Vorschlag: Es sollte – und zwar schnell – ein postgraduierter Studiengang eingeführt werden. Auf diese Weise sollten Frauen in erster Linie dazu ausgebildet werden, kleinere und mittelständische Unternehmen zu übernehmen, anstatt sich auf risikobeladene Existenzgründungen mit hohen Krediten einzulassen. Mißlich ist nur, daß bislang nur wenige Frauen Bereitschaft zeigen, Kücks Idee der Übernahme eines Betriebes in die Tat umzusetzen: So mußten 20 überlebensfähige mittelständische Berliner Unternehmen im vergangenen Jahr geschlossen werden, weil keine fähige NachfolgerIn präsent war.
„Die Frauen müssen sich vor allem eines einprägen“, erklärt Kück mit Nachdruck, „in der freien Wirtschaft ist es oft wie an den Universitäten. Hat eine Frau erst einmal einen Lehrstuhl ergattert, dann sitzt sie darauf für die nächsten zehn Jahre fest. Übernimmt sie eine Firma, hat sie diese mindestens ebenso lange!“ Kirsten Niemann
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