■ Standbild: Kerzen im Keller
„Der Venusmörder“, Mi., 20.15 Uhr, RTL
Für Dr. Hannibal Lecter brechen schlechte Zeiten an. Nachdem RTL den renommierten Frauenmörder nun bald 15mal durchs Wiederholungsprogramm genudelt hat, besann man sich eines Besseren. Denn mit diesem Stoff wird ja wohl in Deutschland noch ein Grimme-Preis abzuräumen sein. Im Zuge der Kölner Hollywood-Recycling-Festspiele wurde Katja Flint mit der undankbaren Aufgabe betraut, im deutschen Fernsehen eine Art Jodie Foster für Arme zu geben. Nicht, daß die Flint schlecht spielen würde, ganz im Gegenteil, aber Foster ist einfach besser und war fünf Jahre früher dran. Und zu sehr hat sie das Bild von der karrierebesessenen Ermittlerin geprägt.
Wo auch immer die Macher des „Venusmörders“ nur ein wenig das berühmte Vorbild zitieren wollen, gerät ihnen das mit deutscher Gründlichkeit zur privatfunkensprühenden Übertreibung. Statt eines einfachen, bodenständigen Sado-Maso- Kellergewölbes hat der RTL- Bösewicht natürlich ganze Fluchten unterirdischer Räumlichkeiten angemietet, in denen zig Kerzen flackern. Und statt einfach nur befördert zu werden, leitet die ehrgeizige Polizistin fortan gleich die ganze Mordkommission.
Finden sich doch eigene Ideen, dann solche, maßgeschneidert aufs deutsche Gemüt: Katja Flint joggt durch den deutschen Wald, nicht – wie seinerzeit ihr Leinwand- Alter-ego – ins Polizei-Trainingslager, sondern direkt in die Arme eines tatverdächtigen Schönheitschirurgen alias Hannes Jaenicke. Das Manko dieser seltenen Remake-Innovation: Jaenicke sieht für einen ernsthaften Mörder viel zu sehr nach Dr. Brinkmann aus, dem hippokratischen Eid verpflichtet und dem Glottertal entsprungen – nicht sehr spannend. Stefan Kuzmany
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