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■ KommentarCountdown ins Nichts

Ein Countdown der besonderen Art: Erst sollten aus 23 Bezirken 18 gemacht werden, dann waren es 15, und nun sollen nur noch 12 Bezirke übrigbleiben. Zumindest hat das der Senat bei seiner Sparklausur beschlossen. Die Vereinbarung paßt bestens zur ungenießbaren Mischung von Vorschlägen, mit denen sich die Große Koalition durchwurschtelt und die Probleme auf das kommende Jahr verschiebt, anstatt den Haushalt strukturell zu sanieren. Von all den ungedeckten Schecks ist die Bezirksreform freilich der abenteuerlichste Versuch, der Stadt einen angeblichen Einsparposten von 165 Millionen Mark zu präsentieren. Mit der Reduzierung der Bezirkszahl wird gleichsam ein gebratener Hase aufgetischt, der tatsächlich noch nicht einmal gefangen ist.

Es ist auch mehr als unwahrscheinlich, daß dieser Hase in die Falle geht. Schließlich hat sich der Senat an der Bezirksreform schon in der letzten Wahlperiode erfolglos versucht – und damals war die Große Koalition noch eine. Mit mageren vier Stimmen über der dafür notwendigen Zweidrittelmehrheit erscheint heute das Ziel noch unrealistischer. Schließlich sind es gerade die CDU und ihre zahlreichen Bezirksfürsten, die einer geringeren Bezirkszahl ablehnend gegenüberstehen. Was die Koalition als Sparbeschluß verkündet, ist eine Beruhigungspille zur Befriedung der SPD-Finanzsenatorin, während der christdemokratischen Basis augenzwinkernd zur verstehen gegeben wird, daß diese „Reform“ nur auf dem Papier steht.

Dabei ist es durchaus sinnvoll, die sehr unterschiedlich und teilweise zufällig geschnittenen Bezirke neu zu formieren. Dazu aber müßte man endlich einmal andersherum anfangen – mit der Frage nämlich, wie moderne Bezirksverwaltungen aussehen könnten. Bürgernahe und kundenfreundliche Bürgerbüros direkt im Kiez statt unbeweglicher und zentraler Beamtenburgen wären ein durchaus attraktives Ziel einer Reform. Der Beschluß des Senats aber hat mit diesem Ziel nichts gemein. Gerd Nowakowski

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