Die Suche nach den Genen

■ Die Entwicklung von Nachweismethoden für gentechnisch veränderte Lebensmittel steckt noch in den Kinderschuhen

In zwei oder drei Wochen schon können die ersten Lebensmittel aus genveränderten Sojabohnen in den Handel kommen. Doch ein standardisiertes Verfahren zum Nachweis des Gentech-Soja steht den Lebensmittelkontrolleuren nicht zur Verfügung.

Das gehöre auch nicht zu deren Aufgabenbereich, erklärt Georg Schreiber vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) in Berlin. Die manipulierten Bohnen seien von der EU- Kommission ohne Einschränkung zur Verarbeitung zugelassen, eine Kennzeichnung sei nicht vorgeschrieben, folglich gebe es auch keinen Anlaß für die Kontrolleure, danach zu fahnden.

Wer ganz genau wissen will, ob seine Lieblingsspeise wirklich frei ist von Gentech-Soja, muß bei den staatlichen Kontrolleuren noch einige Zeit warten. Am BgVV werden seit längerem aussagekräftige Nachweisverfahren für Gen-Food entwickelt. In Ringversuchen, an denen Kontrollbehörden der Bundesländer teilnehmen, aber auch einige private Unternehmen, werden die Verfahren getestet.

Die Bundesrepublik habe eine „führende Rolle“ dabei, berichtet der Berliner Biochemiker, „wir sind das einzige Land, das bisher einen offiziell anerkannten Nachweis verabschiedet hat“. Um gentechnisch veränderte Kartoffeln ging es dabei. Weitere Versuche haben die Wissenschaftler mit Joghurt und Rohwurst gemacht, die mit Hilfe manipulierter Bakterien hergestellt wurden. „Anfang kommenden Jahres“, so Schreiber, „sind Tomaten und Sojabohnen dran.“

Die Hydrotox GmbH in Freiburg ist da schon ein Stück weiter. Das Unternehmen hat sich auf chemische Analysen spezialisiert. Eine Arbeitsgruppe, die auch bei den Ringversuchen des BgVV eingebunden ist, befaßt sich mit gentechnischen Nachweisverfahren. Im Auftrag von Greenpeace führte das Unternehmen jetzt erste Tests mit Monsantos Sojabohnen durch. Das Ergebnis: Für eine „Vielzahl von verarbeiteten Sojaprodukten“ wird ein Nachweis von Roundup- ready-Soja möglich sein.

Beispiel Lecithin: Proben mit viel Lecithin enthalten genug Sojaerbmaterial, um die Bohne als Rohstoffquelle nachweisen zu können. Schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, wird es jedoch bei Produkten, die nur geringe Mengen an Lecithin enthalten. Hier kommt der Verdünnungsfaktor hinzu, so daß die Menge der noch vorhandenen Erbsubstanz unter der Nachweisgrenze liegt.

Beispiel Sojaschrot: Hier ist der Nachweis am einfachsten. Bei Tortenböden und Keksen, die Sojaschrot enthalten, konnten positive Ergebnisse erzielt werden.

Nur beim Sojaöl versagte der Test vollständig. „Dies deutet darauf hin, daß in Sojaöl keine ausreichenden Mengen DNA für einen entsprechenden Nachweis enthalten sind“, heißt es dazu im Versuchsbericht. Und es besteht auch wenig Hoffnung, daß man mit anderen Methoden erfolgreicher ist.

Zusätzliche Probleme beim Nachweis entstehen, weil die diesjährigen Sojalieferungen nur etwa aus zwei Prozent manipulierter Bohnen bestehen. Ein Verdünnungsfaktor von 50 muß jedesmal hinzugerechnet werden.

Im Prinzip funktioniert das Testverfahren wie eine genetische Diagnose. Mit spezifischen DNA- Sonden wird in der im Produkt verbliebenen Erbsubstanz nach einem bestimmten Genabschnitt gesucht. Das heißt aber auch, für hochgereinigte Substanzen, die kein Erbmaterial mehr enthalten, wird der Nachweis grundsätzlich nicht möglich sein. „Voraussetzung ist immer, daß wir DNA aus dem Produkt isolieren können“, meint dazu Andreas Wurz von Hydrotox. Außerdem muß bekannt sein, wie das in die Pflanze eingeschleuste Fremdgen aufgebaut ist. „Wir können nur das finden, was wir suchen“, meint der Freiburger Molekularbiologe.

Bei Hydrotox wird derzeit eine Datenbank mit transferierten Gensequenzen angelegt, um im Falle eines Auftrags schnell die nötigen Informationen zum Aufbau eines Testverfahrens zur Verfügung zu haben.

Interesse an den Arbeiten bei Hydrotox zeigen nicht nur biologische Betriebe und die Anbauverbände, die Gen-Food grundsätzlich ausschließen. Auch in der Lebensmittelindustrie möchte so mancher Einkäufer wissen, was er tatsächlich geliefert bekommt. Wolfgang Löhr