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Zeitschriften im Aus

■ Bei den Politikwissenschaftlern der FU wird der Bestand dramatisch reduziert

Friedhofsstimmung im Zeitschriftenlesesaal des Otto-Suhr-Instituts (OSI), dem Fachbereich Politische Wissenschaft der Freien Universität (FU). Wohin man schaut – Kreuze. Auf vielen, sehr vielen alten Zeitschriften und Zeitungen klebt ein DIN-A4-Blatt, auf das ein Kreuz kopiert ist. Denn diese Zeitschriften und Zeitungen wird es im neuen Jahr nicht mehr geben. Das Geld ist aus. Nahezu drei Viertel aller Fortsetzungswerke, auch Jahrbücher und Loseblattsammlungen, fallen den Sparmaßnahmen zum Opfer.

„Der OSI-Bibliothek wurden innerhalb von zwei Jahren zwei Drittel ihres Etats gestrichen“, sagt Monika Fomenko-Grabe, Leiterin der Zeitschriftenabteilung des OSI. Ende der siebziger Jahre gab es am OSI mehr als 3.000 Zeitungen und Zeitschriften. 1995 waren es immerhin noch über 1.400. Rund die Hälfte davon sind allerdings Schenkungen und Spenden. Von den 700, die das OSI selbst finanzieren muß, werden 1997 nur noch 200 übrigbleiben. Statt 100 gibt es dann nur 20 Tageszeitungen. Und die Zeiten, in denen man am OSI auch die radikal lesen konnte, sind vorbei.

Bis Mitte des Jahres konnte das OSI zudem nicht ein neues Buch anschaffen. „Bisher haben wir jährlich etwa 3.000 neue Bücher gekauft. Dieses Jahr sind es gerade einmal 500“, sagt Sabine Zehrer, Bibliotheksdirektorin am OSI. „Es werden Lücken entstehen, die wir nicht mehr schließen können. Bei der derzeitigen Haushaltspolitik haben wir vor allem keine Planungssicherheit mehr.“

„Die Kürzungen machen die Randbereiche kaputt“, kritisiert Siegfried Mielke, Professor am OSI. „Fachliteratur aus aller Welt und aus allen Spektren war bisher ein Spezifikum des OSI“, erläutert Fomenko-Grabe. Von mehr als 100 Afrika-Zeitschriften zum Beispiel werden nur zehn übrigbleiben. „Jetzt wird aus unserer einstigen Universalbibliothek eine Fachbereichsbibliothek.“ Gerade die Vielseitigkeit habe bisher nicht nur Studierende, sondern auch Journalisten, Vertreter von Parteien und Verbänden angezogen. „Durch unsere Bibliothek können viele Institutionen zudem auf den Aufbau einer eigenen umfassenden Sammlung verzichten“, sagt Fomenko-Grabe.

Die Folgen der Einsparungen sind fatal. Studierende können sich bei der Literatursuche jetzt nicht mehr auf das OSI beschränken. „Mit etwas Geschick konnte man bisher das Material für eine Hausarbeit in ein paar Stunden am OSI zusammensammeln. In Zukunft kann das mehrere Tage dauern“, so Mielke. Die Zeitschriftenrecherche bedeutet dann viel Fahrerei. Wissenschaftliche Arbeiten auf den neuesten Stand der Forschung zu bringen, dauert dadurch noch länger. Zeit, die viele Studierende nicht haben, vor allem wenn sie neben dem Studium noch arbeiten müssen. „Ich befürchte, daß viele an dieser Situation scheitern werden“, schätzt Mielke. „Zudem wird wahrscheinlich die Qualität der Arbeiten schlechter, weil sich die Studierenden auf Monographien beschränken.“

Einige Professoren, wissenschaftliche und Bibliotheksmitarbeiter haben im Mai eine „Fund- Raising-Kommission“ ins Leben gerufen. In „Bettelbriefen“ bitten sie vor allem Ex-OSIaner um finanzielle Unterstützung der OSI- Bibliothek. Die Resonanz ist bescheiden. „Bisher kamen nur rund 1.000 Mark und etwa 20 Zeitschriftenabos zusammen. Und die wurden meist von Studis gespendet“, so Fomenko-Grabe. Die ehemaligen OSIaner Peter Radunski und Heinrich Lummer haben auf den Bettelbrief bisher nicht reagiert. Volker Wartmann

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