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Schwules Herzblatt

■ Der Berliner Privatsender FAB präsentiert mit "Romeos" die erste homosexuelle Dating-Show im deutschen Fernsehen

Erwartungsfroh sitzt Thomas auf einem schicken Designer-Ledersessel und beantwortet freizügig die Fragen aus dem Off. Immer lächelnd mit dem Blick in die Kamera gibt er Auskunft über seinen Beruf (Umschulung zum Bauzeichner), seine besonderen Vorlieben (FKK-Fan) und daß der Traumprinz keinen Bierbauch haben darf und nicht „rumloofen“ soll „wie Schlumpi“. Dann erzählt er noch, wie er's mit der Treue hält und wie das so ist mit dem Aktiv und Passiv im Bett.

Der da so routiniert und nach Schema F seinen Fragenkatalog abspult, ist Dirk Gragert. Einige Jahre schon moderiert er auf dem Berliner Privatsender FAB die „Fernseh-Partnerwahl“ für Lonely Hearts der gewöhnlichen Sorte. Doch nun wird Fernsehgeschichte geschrieben. Mit „Romeos“ präsentiert Gragert die erste rein schwule Partnersuche auf dem deutschen Bildschirm. „Romeos“, das sei sein „Angebot an die Szene“, sagt er. Alle jammerten über die Kommunikationslosigkeit in der Großstadt, die Unverbindlichkeit im Umgang der Schwulen miteinander. „Die Diskotheken sind rammelvoll, alle sind schwul, alle wollen einen netten Bubi abzocken – und alle gehen am Ende megafrustriert nach Hause.“

Kein Schmoren im eigenen schwulen Saft

Da will der Ex-Werbekaufmann Abhilfe schaffen. Eine lebenslange Ehe, das können auch er und die produzierende Feature Video GmbH nicht versichern. Aber immerhin: „Die Männer, die sich bei uns melden, sind bereit, sich näher auf andere einzulassen.“

Zwischen den etwas holprig geführten Interviews plaudert Gragert zur Abwechslung mit Prominenten oder was man in Berlin dafür hält: Evelyn Künneke, Lisa Fitz oder Edel-Coiffeur Udo Walz. Weil er „keine Klischees bedienen“ will, stehen weder Rosa von Praunheim noch Lilo Wanders oder Georgette Dee auf seiner Gästeliste. Seine Favoriten heißen Gitte Haening und Stefan Waggershausen. Alles so normal wie möglich „und nicht dieses Heititei – dieses Schmoren im eigenen schwulen Saft“.

Alles, was ein bißchen nach Schwulenbewegung oder Schwulenkultur riecht, ist ihm suspekt. Gragerts Emanzipation bleibt da auf halbem Wege stecken. Irgendwie, so vermittelt er zwischen den Zeilen, ist Schwulsein nur gut, wenn man es niemandem anmerkt.

„Schwule gehören zu Berlin wie die S-Bahn“

Vor wenigen Jahren gab es auf FAB schon einmal den Versuch einer schwulen TV-Sendung: „Andersrum“, initiiert von Rosa von Praunheim. Das war manchmal aggressiv, betont sexuell, bisweilen enervierend selbstbewußt, aber innovativ, risikofreudig und ungeheim erfolgreich, zumindest was die Zuschauerquote betraf. Die Werbekunden allerdings waren eher zurückhaltend, und so wurde die Sendung bald wieder eingestellt.

Bei „Romeos“ wirbt nun die „Gay Island“-Telefon-Line, die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einem – heterosexuellen – Aids-Aufklärungsspot und das Kontaktmagazin Date mit einem – heterosexuellen – jungen Paar. FAB-Programmdirektor Horst Wolfgang Brehmke sieht denn auch „Romeos“ vor allem als Experiment. „An sich gehört die Schwulenszene zu Berlin wie das S-Bahn-Fahren.“ Das Programmformat, da sei man sich einig, „ist noch entwicklungsbedürftig“. Ansonsten hängt wieder alles an der Werbung. „Wir wollen testen, ob es stimmt, daß Schwule ein interessanter, kaufkräftiger Markt sind.“

Auch Dominik sucht einen Mann. Der 34jährige Graphiker und Tennisfreak mit athletischem Körperbau, SPD-Wähler und Opernliebhaber hat aber nicht den Mut wie Thomas, offen vor die Kamera zu treten. Für ihn gibt es die Rubrik „Inkognito“, gewissermaßen eine Tele-Kontaktanzeige. Auch der Geschäftsmann und Jazzliebhaber Alex, 58, aus dem englischen Adelshaus, geht diesen halbanonymen Weg.

Keineswegs alle, die sich einen Mann fürs Leben wünschen, haben ihr Coming-out geschafft. Dominik, Thomas und Alex war der Weg in die Zweisamkeit 1.000 Mark wert. Dafür bannt Gragert ein Interview aufs Video, das entweder gesendet oder aber nur für den internen Gebrauch Kontaktsuchenden vorgespielt wird. „Ein Dumpingpreis“, sagt Gragert, was verglichen mit den Heteros sogar stimmt. Denen muß der Weg ins Beziehungsglück in der „Partnerwahl-Show“ ganze 5.000 Mark wert sein. „Wir machen ,Romeos‘ vor allem aus Idealismus. Aber langfristig möchte ich mir schon auch mal ein Armani-Sakko und ein paar Scampi davon leisten können.“ Sagt's, lächelt und geht. Vermutlich shoppen. Axel Schock

„Romeos“, montags, 22 Uhr, auf FAB im Berliner Kabel

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