■ Kommentar
: Das letzte Loch

Was ist so schlimm daran, den Dispokredit zu überziehen? Schließlich gehört das heutzutage fast zum Lebensgefühl weiter Bevölkerungskreise. Doch was den BerlinerInnen billig ist, darf dem Land Berlin längst nicht recht sein. Jetzt schon die Gelder des nächsten Jahres ausgeben zu wollen, ist ein Eingeständnis, ratzeputz Pleite zu sein und nicht einmal zu wissen, womit die Weihnachtsgelder des öffentlichen Dienstes zu bezahlen sind. Denn in einem unterscheidet sich ein armer Schuldner vom Land Berlin: Anders als jenem ist für den Senat die Dispoerhöhung erst der allerletzte Trick, das Loch in der Kasse zu stopfen.

Das Land Berlin hat 1996 bereits 6,1 Milliarden Mark an neuen Krediten aufgenommen, dazu kamen noch über 2 Milliarden Mark für Tilgungsverpflichtungen und obendrauf rund 4 Milliarden Mark an „Kassenverstärkungskrediten“. Nun die erneute Dispoerhöhung mit dem noch fehlenden Haushaltsentwurf für das nächste Jahr zu begründen, könnte fast dem „Handbuch des Kreditbetrügers“ entnommen sein. Schließlich war es die Große Koalition, die die Haushaltsberatungen bis ins nächste Jahr verschoben hat – zwecks sorgfältiger Vorbereitung. Dem Senat kann man deshalb nur einen Rat geben: Gehen Sie unverzüglich zu einer Schuldnerberatungsstelle – oder wechseln Sie den Koalitionspartner. Gerd Nowakowski