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■ Gesundheitsminister Horst Seehofer setzt Sozialabbau fortDer Weg in die Zweiklassenmedizin

Konkurrenz belebt das Geschäft, glaubte wohl Gesundheitsminister Horst Seehofer bei der Formulierung der dritten Stufe seiner Gesundheitsreform. Das „Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ – ein Paradebeispiel Orwellscher Sprachverdrehung – soll jetzt auch die Pflichtkrankenkassen zur marktwirtschaftlichen Rechnung zwingen.

Doch was so harmlos klingt, wird sich für alte und chronisch kranke Patienten fatal auswirken. Tritt das Gesetz vom 1. Januar an in Kraft, wird es auch bei den Krankenkassen zwei Gruppen von Versicherten geben: einerseits die jungen und gesunden – und andererseits die alten und kranken. Zahlreiche Pflichtleistungen werden nun zu sogenannten „Gestaltungsleistungen“: Sie rechnen sich einfach nicht, wenn sie alle in Anspruch nehmen könnten.

Und um möglichst wenig Verluste zu machen, müssen die Krankenkassen ihre Angebote aus den Gestaltungsleistungen in Zukunft so zusammenstellen, daß sie für die Gruppe der Gesunden attraktiv sind. Gleichzeitig werden sie versuchen, die anderen durch eine möglichst „altenfeindliche“ Leistungszusammenstellung an die Konkurrenz abzuschieben. Nur wenn das gelingt, lassen sich die Beiträge für die profitable Gruppe attraktiv halten.

Was Seehofer dabei vergißt oder vergessen will, ist, daß Krankheit kein wirtschaftlicher Faktor ist. Wer krank wird, wird krank – egal, ob er dafür selbst bezahlen muß oder nicht. Angebot und Nachfrage dürfen dabei keine Rolle spielen.

Daß gespart werden muß, ist offensichtlich. Aber wie schon bei der ersten Gesundheitsreform findet auch bei dieser Gesetzesänderung die Kostensenkung nur auf dem Rücken der Versicherten statt. Abermals geht es der Koalitionsregierung in erster Linie darum, auf keinen Fall den Arbeitgebern Mehrkosten zuzumuten. Sozialstaatliche Grundsätze, die noch vor kurzem als unantastbar galten, sind hinfällig: Die Gesunden werden durch günstigere Angebote entlastet, die Kranken und ohnehin sozial Schwachen stärker belastet – so buchstabiert sich der Weg in die Zweiklassenmedizin.

Andere Einsparmöglichkeiten, zum Beispiel das Ende der Monopolstellung von Apotheken, ignoriert die Regierung weiterhin. Wer kein Geld hat, wird sich künftig auch keine schweren Krankheiten mehr leisten können. Clemens Heidel

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