: Letzte Frist für das Tacheles
■ Während die Oberfinanzdirektion offen mit Räumung droht, gehen Vertragsverhandlungen mit Investor weiter. Vertragsdauer bleibt zentrales Problem
Der Countdown für das Tacheles hat begonnen. Während die Verhandlungen zwischen dem Tacheles und dem potentiellen Investor Fundus am Donnerstag bis in den späten Abend dauerten, hat die Oberfinanzdirektion (OFD) das Tacheles gestern schriftlich aufgefordert, die Ruine an der Oranienburger Straße bis zum 15. November freiwillig zu verlassen.
Falls die Künstler dieser Aufforderung nicht nachkämen, sagte gestern der zuständige OFD-Referent Jochen Kallabis, werde er einen zweiten, bereits vorbereiteten Brief an die Polizei abschicken, in dem die Räumung des Kunsthauses beantragt werde. Was zwischen Fundus und Tacheles verhandelt werde, sagte Kallabis barsch, interessiere ihn nicht.
Bei den Verhandlungen am Donnerstag abend, bei denen auch der Sprecher der Kulturverwaltung, Axel Wallrabenstein, anwesend war, sind sich beide Seiten unterdessen offenbar nähergekommen. Als „schwierig, aber konstruktiv“ bezeichnete Tacheles- Mitarbeiterin Bettina Hertrampf die Verhandlungen. Kultursprecher Wallrabenstein sagte, man habe erstmals vertragliche Fragen en detail durchgearbeitet. Gleichwohl sind die strittigen Punkte wie die Vertragsdauer noch nicht geklärt. Fundus will das Gebäude nur für zehn Jahre an den Tacheles- Verein vermieten. Für dessen Vorstandsmitglied Peter Langbauer ist dies „weiter unakzeptabel“.
Bis zum Donnerstag nächster Woche will das Tacheles nun seinen Vertragsentwurf vorlegen, für eine Woche später ist der nächste Verhandlungstermin mit dem Investor Fundus anberaumt. Daß es inzwischen zu einer polizeilichen Räumung kommen kann, will man beim Kultursenator nicht glauben. „Man kann doch nicht allen Ernstes davon ausgehen, daß das Tacheles geräumt wird, wenn die Verhandlungen kurz vor dem Anschluß stehen“, gab sich Radunski- Sprecher Wallrabenstein optimistisch.
Mittlerweile hat die Kulturverwaltung die OFD auch schriftlich gebeten, das Ende der Vertragsverhandlungen abzuwarten. Den Zeitdruck, den der Kultursenator nun abwehren will, hat er allerdings selbst zu verantworten. Die Kulturverwaltung hatte nämlich im Oktober einen Einspruch gegen die eigentumsrechtliche Zuordnung des Tacheles an den Bund zurückgezogen und damit den jahrelangen Schwebezustand um das Kunsthaus beendet. Die OFD, zuständig für die Liegenschaften des Bundes, hatte daraufhin keinen Zweifel daran gelassen, daß das Gebäude, sollte es nicht schnellstmöglich zu einer Einigung und damit einem Verkauf an Fundus kommen, wegen baulicher Mängel geräumt werde. Uwe Rada
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