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Bonn sieht Menschenrechte gewahrt

Bundesregierung legt UNO Bericht zur Lage der Menschenrechte im vereinten Deutschland vor und zieht darin eine durchweg positive Bilanz. Rückgang bei fremdenfeindlichen Taten  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Zum erstenmal steht die Menschenrechtssituation im vereinten Deutschland auf dem Prüfstand der UNO. Seit Montag diskutiert ein 18köpfiger Unterausschuß der UNO-Menschenrechtskommission gemeinsam mit deutschen Diplomaten einen im Februar vorgelegten 60seitigen Lagebericht der Bundesregierung. Alle 134 Unterzeichnerstaaten der UNO-Konvention über bürgerliche und zivile Rechte müssen in regelmäßigen Abständen einen derartigen Bericht vorlegen und sich einer Anhörung unterziehen. Die Bundesrepublik Deutschland (West) war bislang viermal an der Reihe, zum letzten Mal im März 1990, ein halbes Jahr vor der Vereinigung.

Am ersten Tag der Genfer Anhörung konzentrierten sich die kritischen Fragen der 18 RechtsexpertInnen auf die Lebensbedingungen von AusländerInnen, Flüchtlingen und AsylbewerberInnen im vereinten Deutschland. Die Bundesregierung gibt in ihrem Bericht, der den Zeitraum 1991 bis 1995 abdeckt, Entwarnung. Dank „entschiedenen Vorgehens“ von Regierung, Polizei und Justiz sei die Zahl fremdenfeindlicher, rassiistisch motivierter und rechtsextremer Gewalttaten nach einem erheblichen Anstieg in den ersten beiden Jahren nach der Vereinigung dann 1993 „deutlich zurückgegangen“. Mit Blick auf die Flüchtlinge aus Bosnien und anderen exjugoslawischen Republiken versprach ein Mitglied der deutschen Delegation, es werde „keine Abschiebung in unsichere Gebiete geben“. Diese Aussage steht im Widerspruch zur Praxis einiger Länder und lokaler Ausländerbehörden seit dem Bosnienbeschluß der Innenministerkonferenz vom 19. September.

Weitere Fragen bezogen sich auf die von amnesty international (ai) in jüngster Zeit dokumentierten Fälle polizeilicher Übergriffe gegen Ausländer sowie die ebenfalls von ai in den letzten Jahren mehrfach kritisierten Haftbedingungen für Terroristen in deutschen Gefängnissen. Dabei handele es sich lediglich um „25 isolierte Fälle“, heißt es im Bonner Bericht. Statt von ihrem „Recht Gebrauch zu machen, ihre Vorwürfe deutschen Gerichten oder europäishen Menschenrechtsinstitutionen vorzulegen“, hätten sich diese Personen an ai und andere Hilfsorganisationen gewandt. Amnesty international habe gegenüber der Bundesregierung jedoch eingeräumt, die Beschwerden inhaftierter Terroristen ohne eigene Überprüfung lediglich weitergegeben zu haben, heißt es in dem Bericht weiter. Dieser Darstellung widersprach ein ai-Vertreter auf Anfrage der taz.

Aufklärung verlangte der UNO-Menschenrechtsausschuß zudem über die Rechtsgrundlage für die Entlassung von DDR-Lehrern und über die Chancengleichheit für Frauen im vereinten Deutschland. Mit Beschwerden über die Menschenrechtslage können sich auch in Deutschland lebende Einzelpersonen an den UNO-Ausschuß wenden, nachdem Bonn im Berichtszeitraum ein entsprechendes freiwilliges Zusatzprotokoll zu der UNO-Konvention über bürgerliche und zivile Rechte ratifizierte.

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