Passion Grunge

■ Gewaschen: Pearl Jam in der Sporthalle

Nach mehrjähriger Abstinenz in europäischen Landen waren die Erwartungen an das Pearl Jam-Konzert am Montag hoch. Massen an Jungvolk bahnten sich den Weg in die ausverkaufte Sporthalle. Nachdem im Vorprogramm der ärgerliche Möchtegern-Punkrock Fastbacks auszuhalten war, eröffneten Pearl Jam mit dem verhaltenen „Wash“ ein Konzert, das sich gewaschen hatte. Im Gegensatz zu Metallica, die sich vor zwei Wochen am selbigem Orte noch einen Erlebnispark bastelten, ermöglichten Pearl Jam in privatistisch angehauchten Ambiente das Erlebnis eines unangestrengten Purismus. Dazu paßten besinnliche Stücke wie das elegische „Off He Goes“. Die Fetz-Hymnen wie „Once“, oder „Alive“, die gesteigerte Massenhysterie hervorriefen, wurden dadurch angenehm kontrastiert.

Das Musikalische wurde vor allem von Eddie Vedders (Foto) eindringlichem Gesang getragen, die Show von seiner charismatischen Erscheinung, welche zuweilen gar ausgelassen daherkam: „I wish we had recorded tonight – it's so real“. Trotz solch schummriger Bekundungen wirkte das durchaus einnehmend. Das von Vedder gestisch und gesanglich verkörperte Leiden an der Welt entsprach der plausiblen Umbuchung von „unechtem“ Handeln auf „echtes“ Erleben – Grunge als Passion, sozusagen.

Für den Genuß dieser natürlich angebauten Passionsfrüchte zeigte das Publikum sich dankbar, wofür wiederum Vedder sich mit einem grundehrlichen „I thank you a lot“ revanchierte. Eine kongeniale Coverversion von „Keep on rocking in the free world“ beendete das zweistündige Konzert und hinterließ ein Publikum im Zustand kollektiver Euphorisierung – zurecht.

Christian Schuldt/ Foto: jms