: Teure Runen
■ Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger zu 14.400 Mark Geldstrafe verurteilt
Embleme aus der Hitler-Zeit sind dem Hamburger Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger lieb – und neuerdings auch teuer. Gestern verurteilte das Hamburger Landgericht den Starjuristen der rechten Szene in zweiter Instanz wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole zu einer Geldstrafe von 14.400 Mark. Richter Bernd Trappe entsprach damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft.
Weil er 1993 in einem mit SS-Runen „verzierten“ Wehrmachtsfahrzeug durch Reinbek (Kreis Herzogtum Lauenburg) gebrettert war, hatte ihn das Amtsgericht Blankenese vor zwei Jahren in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 7200 Mark verurteilt. Sowohl der Angeklagte wie die Staatsanwaltschaft hatten damals Berufung eingelegt.
Das Plädoyer Riegers, der als Anwalt in eigener Sache fungierte, konnte das Gericht gestern nicht beeindrucken. Der 50jährige Neonazi-Verteidiger hatte versucht, seinen Kopf mit dem Hinweis aus der Schlinge zu ziehen, bei den auf dem Fahrzeug prangenden Symbolen der Waffen-SS und der 12. Panzerdivision habe es sich nicht um die Original-Embleme, sondern nur um diesen Kennzeichen „ähnliche“ Markierungen gehandelt. Deren Verwendung sei 1993 noch nicht strafbar gewesen.
In seiner Urteilsbegründung erklärte Richter Trappe hingegen, wesentlich sei der optische Eindruck der Runen, die selbst eindeutig als SS-Symbole erkennbar gewesen seien. Rieger habe zudem „vorsätzlich und schuldhaft“ gehandelt. Zu Lasten des Angeklagten wertete das Gericht, daß Rieger als „Organ der Rechtspflege“ absichtlich die Grenze des Erlaubten überschritten habe. „Sie als Rechtsanwalt sollten mit aller Deutlichkeit wissen, was sie tun dürfen“, maßregelte Trappe den Angeklagten.
Auch Riegers Hinweis auf seine angeblich desolate Finanzlage blieb ohne Folge für die Höhe der Geldstrafe. Seine biodynamische Rinderzucht in Schweden fahre jährlich sechsstellige Verluste ein, das Hamburger Finanzamt habe seine Einkommenssteuer deshalb auf null abgesenkt. Das Gericht aber schloß sich dem Antrag der Staatsanwaltschaft an, die insgesamt 120 Tagessätze bei 120 Mark zu belassen und nicht, wie von Rieger gefordert, auf fünf Mark abzusenken. Marco Carini
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