■ Buchtip: Baden ist ein Urbedürfniss
„Während sich seit dem 8. Jahrhundert im ganzen islamischen Reich eine hochstrebene Badekultur entwickelt hat, war die Tendenz in den christlichen Reichsteilen umgekehrt“, schreibt Ulrika Kiby in ihrem Buch über „Bäder und Badekultur in Orient und Okzident“. Waren und sind im islamischen Glauben körperliche und seelische Reinheit nicht zu trennen, wurden im körperfeindlichen Okzident im Mittelalter die Badehäuser immer weniger. Waschen war hier nicht sehr gefragt. Angesehene öffentliche Bäder aus römischer Zeit fielen in einen Dornröschenschlaf, aus dem sie erst im 19. Jahrhundert wieder geweckt werden sollten.
Die Autorin untersucht die Geschichte des Bades: von der Antike bis ins Zeitalter des Barock, im Orient und im Okzident. Sie stellt dar, wie sich die griechische Badekultur in der Antike weiterentwickelte, welchen Einfluß diese wiederum auf die islamischen Bäder, die mittelalterlichen Badehäuser oder die prachtvollen Paläste des Byzantinischen Kaiserreichs hatte. Sie beschreibt, wie die Kreuzritter auf ihrem Zug ins „Heilige Land“ die Dampfbäder der Muslime schätzen lernten und, zurück in der Heimat, auf diese Annehmlichkeit nicht verzichten wollten. Die entwickelte Badekultur in der islamischen Welt beeinflußte den Okzident, auch wenn die christliche Religon der Badelust, wie allem Körperlichem, nicht gerade positiv gegenüberstand.
Die sehr kunsthistorisch orientierte Herangehensweise der Autorin an das sinnenfreudige Thema Bad kommt allerdings etwas tröge daher. Mehr Kulturgeschichte als Kunstgeschichte hätte den Geschmack des Lesers wohl eher getroffen. Daran ändern auch nichts die eingestreuten Zitate von Zeitzeugen. Hier eins über den alten Traum von ewiger Jugend: „Dies Wasser hat so edle Kraft, welch Mensch mit Alter war behaft, ob es ein Stund darinnen saß, so täten sich verjüngen wieder, sein Gemüt, Herz und alle Glieder.“ ed
Ulrika Kiby: „Bäder und Badekultur in Orient und Okzident – Antike bis Spätbarock“. Dumont 1996, 320 Seiten, 39,80 DM
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