Die sehr aktive Scheu eines Anwalts vor der Öffentlicheit

■ Vermieter-Anwalt besteht auf „Recht am eigenen Bild“ / Am Ende stand dann ein Vergleich

Hat ein Anwalt ein Recht am eigenen Bild, wenn er fragwürdige Methoden eines Vermieters verteidigt? Wenn er zusieht, wie bei einem Besichtigungstermin möglicherweise eine Gerichtsvollzieherin „gelinkt“ wird? Mit diesen Fragen hatte sich gestern das Landgericht Hamburg zu befassen.

Der Hintergrund: Die Häuser Wohlersallee 6-10 des Vermieters Roman O. wurden im vorigen Jahr zum Teil mit Geldern der Wohnungsbaukreditanstalt (WbK) saniert. Dazu mußte Mieter Peer C. vorübergehend sein Domizil verlassen. Im Herbst war die Instandsetzung abgeschlossen, im Dezember nahm die WbK die Wohnung ab. Dennoch konnte Peer C. bislang nicht in seine Wohnung zurückkehren. Angeblich, weil die Abnahme der Bauprüfabteilung des Bezirksamtes Altona noch ausstehe. Doch Roman O. hatte bisher „versäumt“, die Bauprüfer zur Abnahme zu laden. Anwohner vermuten: weil er die Wohnungen momentan „fremdbelegt“ habe.

Dann eskalierte es: Um die Bezugsfertigkeit festzustellen, erwirkte Peer C. einen Gerichtsbeschluß. Ausgerüstet mit dieser Zwangsvollstreckung tauchte am 2. März 1995 eine Gerichtsvollzieherin auf – im Schlepptau Vertreter der Steg und der Bauprüfabteilung. Insgesamt versammelte sich ein Häufchen von 10 Personen im Hof.

Zur Überraschung der Gerichtsvollzieherin stimmten plötzlich die Hausnummern mit denen des Vollstrechungsbeschlusses nicht mehr überein, so daß die Aktion abgebrochen werden mußte. Als die Gruppe im Begriff war, sich aufzulösen, filmte Mieter Michael F. das unsägliche Spektakel. Es dauerte ganze sechs Sekunden, bis der Eppendorfer Rechtsanwalt Ulrich F. auf ihn zu stürmte und die Einstellung der Filmerei forderte, was auch geschah. Dann verlangte der Jurist die Herausgabe des Bandes, was Michael F. verweigerte. Begründung: Die Vorgänge, die schon mehrfach Gegenstand von Zeitungsberichten gewesen waren, seien „von öffentlichem Interesse.“ Danach wurde der Jurist tätlich, schlug dem Filmer die Kamera von der Schulter. Dann habe ihn der Anwalt Ulrich F. an der Schulter gezerrt und gegen die Ecke der Hofeinfahrt gestoßen, so daß Michael F. leichte Verletzungen erlitt und die Kamera erhebliche Beschädigungen aufwies. Der Jurist begründet sein Ausrasten damit, der er die Vermutung gehabt habe, er sei mit einem Richtmikrophon „belauscht“ worden. Daß dem nicht so ist, hat die Polizei geprüft, die die Kassette in ihrer Obhut hat.

In dem gestrigen „Kunsturheber“-Prozeß ging nun um den Erlaß einer Einstweiligen Verfügung. Ulrich F. wollte seinem Mamensvetter Michael F. ewig und alle Zeiten verbieten lassen, ihn zu filmen. Doch da wollte das Gericht nicht mitspielen. Der Vorsitzende: „Mit einem Filmverbot ganz genereller Art kommen Sie nicht durch, da der Antragsgegner dann garantierte Rechtspositionen aufgibt.“

Und wie so oft in Zivilverfahren endete es mal wieder mit einem Vergleich: Michael F. erteilt der Polizei den Auftrag, die sechs Sekunden zu löschen. F. gegen F. und F. gegen F. ziehen die ihre Strafanzeigen gegenseitig zurück. Michael F. verpflichtet sich künftig überdies, keine „Lauschangriffe“ zu starten – und nun wird es feinsinnig: „Nicht wieder zu filmen, wenn dadurch die Persönlichkeitsrechte des Antragsstellers widerrechtlich verletzt werden,“ wie es Michael F's Anwalt Christoph Römming formulierte. Na denn, bis zum nächsten Mal... Kai von Appen