: Gesucht: Sicherheit und menschliche Wärme
■ Integration hin oder her: Mazedonische Familie soll abgeschoben werden Von Kai von Appen
Das ist selten: Nicht nur die mazedonische Familie Tugliov wehrt sich gegen ihre geplante Abschiebung; auch die Firma des Familienvaters und der Elternrat sowie das Kollegium der Schule Chemnitzstraße machen sich für einen Verbleib der Familie in Hamburg stark. Rechtsanwalt Frank Weidemann: „Die Familie finanziert ihren Lebensunterhalt und den der Kinder durch Berufstätigkeit und fällt der öffentlichen Hand nicht zu Last.“
Vor über 20 Jahren war die Familie Tugliov nach Deutschland gekommen – angeworben als Gastarbeiter. Das Familienoberhaupt arbeitete als „Allround-Arbeiter“ in einer Konservenfabrik. „Er war ein ganz hervoragender Arbeiter, sprach verschiedene Sprachen, so daß er gut mit den polnischen und russischen Spediteuren umgehen konnte“, so ein Kollege.
Vor vier Jahren kam dann auch der Sohn Cani Tugliov mit seiner Ehefrau Seka und den Kindern Ayhana und Osmanco nach Altona. Cani Tugliov hatte sich in Mazedonien geweigert, Militärdienst zu leisten und gilt seither als fahnenflüchtig, was mit hohen Gefängnisstrafen geahndet wird. Als der Vater vor zweieinhalb Jahren starb, übernahm Cani Tugliov den Job in der Konservenfabrik.
Nachdem nun Cani Tugliovs Asylantrag in allen Instanzen abgelehnt worden ist, rechtlich alle Möglichkeiten, einen Aufenthaltsstatus zu erlangen, ausgeschöpft sind, betreibt die Ausländerbehörde die Abschiebung. Und das, obwohl die Mutter Fetja eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis hat und auf die Pflege der Schwiegertochter angewiesen ist, sonst zum Sozialfall würde. Die beiden Kinder gehen überdies seit Jahren in Hamburg zur Schule.
Als erste Maßnahme entzog die Ausländerbehörde Cani Tugliov im Dezember die Arbeitserlaubnis, so daß die Konservenfabrik ihn nicht weiterbeschäftigen darf. Beim Arbeitsamt verweigerte man Cani Tugliov jegliche Leistungen – obwohl er immer in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hatte. Grund: Er stehe dem Arbeitsmarkt mangels Arbeitserlaubnis ja nicht zur Verfügung. Und nun bekam die Familie die Aufforderung, Hamburg bis Ende der Woche zu verlassen.
Das wollen Eltern und Lehrer der Chemnitzschule sowie Geschäftsführung und Mitarbeiter der Konservenfirma verhindern. In unterschiedlichen Petitionen wandten sie sich an den Petitionsausschuß der Bürgerschaft mit der Bitte, der Familie ein Bleiberecht zu geben.
Rund 40 Lehrer der Chemnitzschule setzten sich überdies für die neunjährige Ayhana ein. „Ayhana hat sich so gut integriert, eine nochmalige Herauslösung wird zu einem erheblichen Bruch der Persönlickeitsentwicklung führen“, schreiben sie der Bürgerschaft. Der Elternrat der Klasse 3b: „Für Kinder ist es entscheidend, daß sie Sicherheit und menschliche Wärme spüren. All das erhält Ayhana und ihre Familie in Hamburg.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen