: Bund spart, Bremen zahlt
■ Das Arbeitsförderungs-Reformgesetz treibt die Sozialhilfeausgaben in die Höhe
Wenn der Bund sparen will, zahlen die Kommunen. Unter diesem Motto wird in Bremen derzeit das bereits im Bundestag abgesegnete Arbeitsförderungsreform-Gesetz diskutiert. „Das ist ein reines Spargesetz“, so wettert man im Arbeitsressort. Am 29. November steht der Entwurf im Bundesrat auf der Tagesordnung – und Arbeitssenator Uwe Beckmeyer hofft schon jetzt, daß es dort abgelehnt wird, erklärt sein Sprecher Jörg Henschen.
Schließlich, so Henschen, will die Bundesregierung damit den Bundeshaushalt bis zum Jahr 2000 um satte 35 Milliarden Mark entlasten. „Dieses Geld fällt dann aber auf die Kommunen zurück“, so Henschen - und damit auch auf die finanziell arg gebeutelte Hansestadt. Vor allem die Sozialhilfekosten werden immens steigen, fürchtet auch Holger Bruns-Kösters, Sprecher von Sozialsenatorin Tine Wischer.
Denn was in dem Gesetzesentwurf steht, hat es in sich: Schon ab 1. Januar 1997 sollen Arbeitslose erst ab dem 45. Lebensjahr einen Arbeitslosengeld-Anspruch von mehr als einem Jahr haben. Bisher galt dieser Anspruch schon ab dem 42. Lebensjahr. Diese Altersgrenze für eine länger als 12monatige Bezugsdauer wird durchgängig um drei Jahre angehoben. „Dadurch fallen viele früher in die Arbeitslosenhilfe und in die Sozialhilfe“, erklärt Henschen. 300 Millionen Mark will die Bundesregierung dadurch sparen.
Weitere Sozialhilfeempfänger könnten durch das Streichen der sog. originären Arbeitslosenhilfe auf Bremen zukommen. Laut Entwurf soll es für Menschen, die arbeitslos werden, aber wegen ihres beruflichen Status nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, keine Arbeitslosenhilfe mehr geben. Geschätzte Kosten für Sozialhilfe bundesweit: laut Henschen 600 Millionen Mark. Außerdem sollen künftig gezahlte Abfindungen zur Hälfte auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden. Das war bisher nicht so. Es soll zudem bei einer jährlichen Kürzung der Arbeitslosenhilfe um drei Prozent bleiben.
Das Herzstück des AFRG ist jedoch in den Schlußvorschriften zu finden: Danach sollen Bundeszuschüsse für ABM, Umschulungen und Fortbildungen gesenkt werden. Der Bund will z.B. für ABM nur noch 75 statt bisher 80 Prozent der Kosten übernehmen. Deshalb muß Bremen künftig 25 statt bisher 20 Prozent der Kosten selber tragen.
Der im Arbeitsressort zuständige Staatsrat Arnold Knigge kommt deshalb zu dem bitteren Schluß: „Schon heute wird der Lebensunterhalt von über 800.000 arbeitsfähigen Erwerbslosen ganz oder teilweise über die Sozialhilfe finanziert... diese Belastung wird durch das AFRG weiter ansteigen.“ 40.000 Menschen („vom Rentner bis zum Baby“, so Bruns-Kösters) bekommen in Bremen dieses Jahr in etwa eine Milliarde und acht Millionen Sozialhilfegeld. kat
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