■ Kommentar: Unsoziale Vorreiterrolle
Was die Bosse von Daimler-Benz nicht geschafft haben, will Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) durchziehen: Den 3.000 „Hilfe zur Arbeit“-Beschäftigten werden im Krankheitsfall 20 Prozent des Lohns gekürzt, oder ihnen wird für fünf Krankheitstage ein Urlaubstag abgezogen. Die Sozialsenatorin hat dabei leichtes Spiel, denn im Gegensatz zu der protestierenden Daimler-Belegschaft haben die SozialhilfeempfängerInnen keine starke Lobby. Sie können sich nicht richtig wehren.
Die Sozialsenatorin begibt sich in eine Vorreiterrolle, mit der sie möglichen Kürzungen des Gehalts bei Krankheit auf dem Zweiten Arbeitsmarkt und im öffentlichen Dienst den Weg ebnet. Ohne Not hat sich Hübner für einen Kurs der Härte gegenüber den sozial Schwachen entschieden. Dagegen hält Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) für die ihr unterstellten ABM-Kräfte an der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall fest, bis es dazu von der Bundesanstalt für Arbeit eine eindeutige Entscheidung gibt. Da das „Hilfe zur Arbeit“-Programm sich an AB-Maßnahmen anlehnt, könnte Hübner ihren Gestaltungsspielraum ausnutzen. Mit ihrer „Weisung“ schafft sie jedoch nur Verwirrung in den Bezirken und bei den Trägern, die nun nicht mehr wissen, wieviel Geld sie auszahlen sollen. Um die Verwirrung zu klären, muß endlich eine eindeutiges Votum des Senats her. Da ist vor allem die SPD gefragt, ihren Koalitionspartner CDU an die Kandare zu nehmen. Julia Naumann
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