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Einer hat gelogen

■ Regierungsdirektor steht wegen Falschaussage vor Gericht

Ein schweigender Angeklagter hörte gestern im Amtsgericht in aller Ruhe zu, wie sich sein Verteidiger und drei nervöse Zeugen hitzige Wortgefechte lieferten: Reinhard Hollunder von der Hamburger Gesundheitsbehörde muß sich wegen uneidlicher Falschaussage verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, 1995 im Arbeitsgerichtsverfahren zwischen seiner Behörde und dem Chef des Tropenkrankenhauses eine falsche Erklärung abgegeben zu haben. Hollunder soll damals beteuert haben, er hätte niemals gesagt, daß die Gesundheitsbehörde den Tropenmediziner Manfred Dietrich „loswerden“ wolle.

Tatsächlich erinnerten sich gestern vor Gericht mehrere Zeugen an ein Abendessen mit dem Regierungsdirektor in einem Fischrestaurant vor sechs Jahren. „Ihr glaubt ja gar nicht, was wir schon alles unternommen haben, um diesen Mann loszuwerden“, soll Hollunder damals erzählt haben. Sein Verteidiger erkannte in den Aussagen prompt Wiedersprüche und Absprachen. Die nervösen Ärzte verhaspelten sich schließlich und warfen Daten und Fakten durcheinander. „Sie lügen“, fluchte der Advokat. „Das muß ich mir nicht bieten lassen“, zeterte ein Zeuge.

Professor Manfred Dietrich war im Dezember 1994 unter anderem vom Dienst suspendiert und später gekündigt worden, weil im Tropenkrankenhaus zwischen 1990 und 1992 fünf Malaria-Patienten angeblich nach Behandlungsfehlern gestorben waren. Damals hieß es, die Patienten hätten früher in ein anderes Krankenhaus verlegt werden müssen. In dem Verfahren zwischen Dietrich und der Gesundheitsbehörde vor dem Arbeitsgericht konnten die Vorwürfe entkräftet werden. Dietrich nahm im Juli 1995 seine Arbeit wieder auf.

Ob Hollunder letztlich zwischen Seezunge und Zanderfilet etwas geäußert hat, was ihm heute wie eine Gräte im Hals stecken bleiben könnte, soll am kommenden Dienstag geklärt werden. Gestern blieb der Regierungsdirektor stumm wie ein Fisch. Lisa Schönemann

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