: Streik der Keksfabrik
■ Urabstimmung in Süßwarenindustrie: Arbeiter für Streik um Lohnfortzahlung
Berlin (taz) – Wenn die Unternehmer nicht nachgeben, kommt es spätestens am kommenden Montag zum ersten regulären Streik um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Bei einer Urabstimmung in 65 Betrieben der Süßwarenindustrie hätten 97,1 Prozent der Beschäftigten für Streik gestimmt, erklärte die Gewerkschaft Nahrung-Genuß-Gaststätten (NGG) gestern.
Nachdem die Bundesregierung die gesetzliche Lohnfortzahlung auf 80 Prozent des Lohns reduziert hatte, empfahl der Bundesverband der deutschen Süßwarenindustrie seinen Mitgliedsbetrieben, die Kürzung sofort umzusetzen. Die Verhandlungen mit der Gewerkschaft, die auf 100prozentiger Fortzahlung besteht, waren am 31. Oktober gescheitert.
„Die Belegschaften meinen es ernst“, sagte NGG-Sprecher Manfred Hönig. Die Beschäftigten seien guten Mutes, ihre Forderung durchzusetzen, nachdem vor kurzem bereits Daimler-Benz und andere Betriebe vorläufig auf die Kürzung verzichtet hätten. Im Gegensatz zum bevorstehenden Streik in den Keks- und Pralinenfabriken wurden die Arbeitsniederlegungen in der Metallindustrie nicht „Streik“ genannt. Die gesetzliche Friedenspflicht galt dort noch.
Die Gewerkschaft NGG erklärte, daß die Süßwarenindustrie in den kommenden Tagen noch eine letzte Chance habe, den Streik abzuwenden. Der Arbeitgeberverband müsse jedoch bereit sein, die 100prozentige Lohnfortzahlung im Tarifvertrag zu verankern. Dazu sah sich Süßwaren-Geschäftsführer Klaus Dörflinger gestern nicht in der Lage. „Die Arbeitgeber sind aber gesprächsbereit“, sagte er.
Der Kampf um die Lohnfortzahlung betrifft nur die 53.000 westdeutschen und Westberliner Pralinen-ArbeiterInnen. Die 5.000 ostdeutschen Beschäftigten bekommen schon jetzt nur 80 Prozent, denn der Osttarifvertrag bindet die Fortzahlung eindeutig ans Gesetz. Im Westtarif gibt es dagegen eine Klausel, die Interpretationsspielraum läßt. Hannes Koch
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