: PDS unter siebenfacher Kontrolle
■ Grüne und PDS werfen der Innenverwaltung die politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes vor
Der Verfassungsschutz hat die Beobachtung von Teilen der PDS weiter ausgedehnt. Inzwischen befinden sich sieben Gruppierungen im Visier des Landesamtes für Verfassungschutz (LfV). Diese Auskunft bekamen die Vertreter der Partei des Demokratischen Sozialismus gestern bei der Sitzung des Verfassungsschutzausschusses von Innenstaatssekretär Kuno Böse. Eigentlich hatten sie aber genau das Gegenteil erwartet: Sie beantragten nämlich das Ende der Beobachtung durch die Verfassungsschützer.
Damit wird es nun nichts. „Die Erkenntnisse der Beobachtung lassen uns zu dem Ergebnis kommen, daß es eine Verzahnung, Verflechtung, Verquickung mit linksextremistischen Gruppierungen in dieser Stadt gibt“, wies Böse dieses Ansinnen der PDS zurück. Von autonomen Gruppen bis zu einem Unterstützungskommitee für RAF-Inhaftierte reichten die Kontakte von Teilen der PDS, so Böse.
Nach seiner Auskunft wird seit Oktober auch die gesamte Bezirksorganisation Kreuzberg beobachtet, seit Juli stehen das „Marxistische Forum“ und das „Forum West“ auf der Liste der Schlapphüte und noch immer unter Beobachtung sind die „Kommunistische Plattform“, die „AG Junge GenossInnen“, die „Autonomen Gruppen in und bei der PDS“ wie auch die „Kommunistische Arbeitsgruppe“ (ehemals Bund Westdeutscher Kommunisten). Gerade in Kreuzberg sei eine Verquickung von alter Ideologie und neuer Gewaltbereitschaft zu sehen, erklärte der Innenstaatssekretär mit Hinweis auf andere Gruppen, die im Büro der Kreuzberger PDS eine Adresse hätten.
Der Fraktionsvorsitzende der PDS, Harald Wolf – überrascht von der Ausdehnung der LfV-Tätigkeit – nannte das fortgesetzte Ausspähen „die Fortsetzung der Rote-Socken-Kampagne der CDU“. Renate Künast, justizpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, warf der Innenverwaltung eine politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes vor: „Das größte Interesse an der Beobachtung hat die CDU – sie weiß, wenn die PDS aus der Schmuddelecke kommt, gibt es andere Regierungsoptionen.“ Sie bezweifelte außerdem die Zweckmäßigkeit der Beobachtung, da das, was das LfV ausgrabe, „zwei Tage später im Neuen Deutschland nachzulesen ist“. Eine Retourkutsche an die Grünen kam vom CDU-Abgeordneten Joachim Bohm. Er warf den Bündnisgrünen vor, in der PDS einen Koalitionspartner zu suchen.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Kirsten Flesch, hakte bei der Begründung für die Verfassungsschutzbeobachtung nach. „Ich halte es immer noch nicht für verfassungswidrig, über eine Veränderung des Systems zu diskutieren“, kritisierte sie die mageren Argumente. Ob es mehr als systemkritische Theorie bei den Teilen der PDS zu beobachten gibt, werden die Ausschußmitglieder erst am 5. Dezember erfahren. Dann tritt der Verfassungsschutzausschuß zu seinem geheimen Teil zusammen und stimmt über den Antrag der PDS ab. Barbara Junge
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