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Der Havelausbau steht zur Diskussion

■ Die Umweltverwaltung plant ein Raumordnungsverfahren, das den umstrittenen Ausbau von Teltowkanal und Schleuse Charlottenburg in Frage stellen würde. Senat berät heute über das Projekt

Die Umweltverwaltung stellt die bisherige Planung für das „Projekt 17 Deutsche Einheit“, den Ausbau der Havel für große Binnenschiffe, grundsätzlich in Frage. Man denke intensiv über die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens (ROV) für das Jahrhundert-Bauvorhaben nach, bestätigte Philipp Mühlberg, der persönliche Referent von Umweltsenator Peter Strieder (SPD), der taz. Dieses Verfahren würde nicht nur die jetzige Planung um bis zu zwei Jahre verzögern – weite Teile des „Projekts 17“ wie der Ausbau von Teltowkanal und Schleuse Charlottenburg stehen damit zur Diskussion. Heute berät der Senat über das Thema.

Intern laufen bereits die Vorbereitungen für ein Raumordnungsverfahren, heißt es aus der Umweltverwaltung. Denn ganz im Gegensatz zu Bausenator Jürgen Klemann (CDU) interpretiert Strieders Verwaltung das Ergebnis eines Obergutachtens zur Schleuse Charlottenburg (die taz berichtete) als Signal, noch einmal über das gesamte Bauvorhaben nachzudenken: Da ihrer Vorstellung von einem Kompromiß eine Absage erteilt worden sei, müsse nun nach Wegen gesucht werden, die Eingriffe in die „ökologischen und landeskulturellen Belange“ zu minimieren, meinte Mühlberg. „Ein Raumordnungsverfahren ist im Prinzip machbar.“

Das aber würde den bisherigen Verlauf der Planungen auf den Kopf stellen. Denn der Senat hat bereits das Projekt 17 akzeptiert und auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet, mit dem die Auswirkungen des Projekts untersucht werden könnten. Das Wasserstraßen-Neubauamt des Bundes hatte daraufhin ein Planfeststellungsverfahren für die Schleuse Charlottenburg eingeleitet und um die Bestätigung Berlins gebeten. Ein Raumordnungsverfahren würde nun den Prozeß für die Schleuse wieder von vorne beginnen lassen und mindestens sechs Monate dauern. „Ein Senatsbeschluß für ein Raumordnungsverfahren wäre eine Art Kehrtwendung und würde unsere Pläne um zwei Jahre zurückwerfen“, fürchtet Detlev Aster vom Wasserstraßen-Neubauamt. Erst vor kurzem hat die gemeinsame Landesplanung Berlin-Brandenburg nach einem ROV das Projekt 17 als nur bedingt vereinbar mit den Zielen der Brandenburger Landesplanung beurteilt.

In der Umweltverwaltung wird derzeit stark bezweifelt, ob der geplante „sehr großzügige Ausbau“ der Wasserstraßen überhaupt angemessen ist. Seit den Planungen habe sich schließlich viel verändert: Eine Reindustrialisierung des Berliner Südostens sei inzwischen unrealistisch, für die Ansprüche des Osthafens reiche der Teltowkanal auch ohne Ausbau aus. Über eine Nordumfahrung Berlins, die die Schleuse Charlottenburg in ihrer geplanten Größe überflüssig machen würde, sollte im Zuge eines ROV ebenso nachgedacht werden wie über den Ausbau des Westhafens. „Dieser Ausbau würde Berlin 60 Millionen Mark kosten, aber keiner weiß, woher das Geld kommen soll“, meint Mühlberg. Bernhard Pötter

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