: Hamburger Lesezeichen
■ Im Plauderton durch die hanseatische Vergangenheit
Im Jahre 1600 lag die Hamburger Moral danieder: Manns- und Weibspersonen saßen gemeinsam in den Badestuben und tauschten lüsterne Blicke über den Zuberrand hinweg. Wie der Rat von jedem Bader zehn Schillinge Buße verlangte, der „Weibs- und Mannsvolk nicht getrennt hielt“, steht in einem Buch des NDR: Hamburg amüsiert sich.
Der Buchtitel ist Programm: Hamburg amüsiert sich soll LeserInnen Spaß machen und sie nicht zum Nachdenken anregen. AutorInnen der NDR3-Serie „Stichtag“ berichten von hanseatischen Vergnügen der vergangenen 700 Jahre – ohne Kommentar oder Kritik. Zwölf Kurzgeschichten erzählen von Hagenbecks Tierpark, wo bis 1931 Eskimofamilien als „zahme Wilde“ ausgestellt wurden, im gleichen Plauderton wie vom Maskenball des Herrn von Ohlendorf. Wer wollte, könnte jeden Text mit dem gedanklichen Zusatz versehen: „Das war eben so“.
Hamburg amüsiert sich ist Geschichte in leicht verdaulichen Portionen. Und die sind zu klein, um den LeserInnen eine Bewertung der Ereignisse zu bieten. Über die hansestädtische Vergangenheit erfährt man einiges, von der Entstehung des Jungfernstieges bis zum ersten Kinofilm mit Ton – Texte, die sich zum Zuhören und Vorlesen genauso eignen wie zum Schmökern. Wer aber von einem Buch mehr erwartet, als sich zu amüsieren, sollte etwas anderes lesen. juw
Kurt Grobecker (Herausgeber): Hamburg amüsiert sich, Ernst Kabel Verlag , 139 Seiten, 24 Mark
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