: Beamte bei Lohnfortzahlung vorn
■ Nachtrag zu einer bühnenreifen Debatte in der Bürgerschaft
„Lohnfortzahlung im Öffentlichen Dienst“ ist für die Bremer CDU ein schwieriges Thema. Denn 28 Tage im Jahr sind Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst krank, im statistischen Durchschnitt, und damit sind sie Spitze in jeder Hinsicht: Stahlarbeiter mit ihrer enormen körperlichen Belastung sind gerade 21 Tage krank, also ein glattes Drittel weniger. Dafür bekommen Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst auch – im Unterschied zu den Malochern aus der Industrie – 26 Tage vollen Lohn fortgezahlt, wenn sie – was bei der Mehrzahl der Fall ist –zehn Jahre auf dem Buckel haben.
Die Bremer Grünen setzten das Thema auf die Tagesordnung der Bürgerschaft. Würde die SPD sich durchsetzen in der Großen Koalition oder die CDU? Die Zahlen sind in der Tat bemerkenswert: Der Durchschnitt im Öffentlichen Dienst liegt mit seinen 28 Tagen fast auf derselben Höhe wie der Krankenstand bei den Müllwerkern der BEB – die fehlen 27 Tage. In Bereichen harter körperlicher Arbeit in der Industrie sind Zahlen um die 20 Krankentage im Jahr normal, etwa in der Produktion bei Daimler. Im Büro-Bereich von Mercedes dagegen ist die Hälfte normal, auch in Betrieben mit Angestellten-Struktur wie den Banken sind es 11 Tage im Jahr, bei STN Atlas noch weniger. Im Öffenlichen Dienst mit seinem Schwerpunkt von Büro-Bereichen wäre die Hälfte der Krankheits-Fehltage, gemessen an anderen Unternehmen, normal.
Spürt die Bremer CDU die Herausforderung? Die Bremer Kanzlerwähler-Partei hatte Glück – aus reinem Zufall rutschte das Thema nach ganz hinten in der Tagesordnung und kam „dran“, als die Journalisten schon auf dem Heimweg waren. Niemand berichtete so bisher, was sich da abspielte.
Der Abgeordnete Möhle (Grüne) begann die Debatte und hatte bei dem Thema „die Axt am Lebensnerv der sozialen Marktwirtschaft“ deutlich vor Augen, „die Reichen werden immer reicher, Herr Focke“ (CDU-Abgeordneter, d.Red.) rief er in den Saal. „Unglaublich“, rief Focke empört zurück. „Vorbildcharakter“ müsse der öffentliche Dienst da haben, meinte Möhle weiter.
Die wenigen CDU-Abgeordneten, die noch da waren, tobten in ihren Reihen. Aber der Antrag, den sie gemeinsam mit der SPD eingebracht hatten, lag ganz auf Gewerkschaftslinie: Die geltenden tarifvertraglichen Regelungen sollten „weiter angewendet werden“. Alles war gespannt, wie die CDU dies erklären würde. Der Bau-Gewerkschafter Jägers, SPD-Abgeordneter, unterstützte den Grünen Möhle. Gespalten präsentierte sich dagegen die AfB. Die einen in der AfB, meinte DAG-Gewerkschafter Reimers, finden, daß 26 Wochen Lohnfortzahlung „außergewöhnlich“ seien und eine „Anpassung“ erforderlich machten. Das böse Wort „Kürzung“ vermied er. Die anderen in der AFB, erzählte Reimers, würden denken, daß man zuviele straft, um die 5 Prozent Drückberger zu treffen. Derart offen für alles wünschte der AfB-Mann den Tarifpartner, die schließlich den Kompromiß finden müssen, „viel Glück“. Dann trat der Vertreter des Senats und der öffentlichen Arbeitgeber, Staatsrat Johannes Beermann von der CDU und von der Senatskomission für das Personalwesen, ans Rednerpult. Der Öffentliche Dienst könne sich, erklärte Beermann, der „Diskussion über die Lohnfortzahlung nicht entziehen“. Eigentlich hatte Beermann damit nichts gesagt, aber alle verstanden, was er damit andeuten wollte. „Vergessen Sie ihre Rolle nicht“, rief die SPD-Abgeordnete Wangenheim. Beermann versicherte auf Nachfrage, er spreche für sein CDU-Ressort. „Dieser Senat besteht nicht aus zwei Parteien, dieser Senat ist ein Kollegialorgan“, stellte der AFB-Abgeordnete Lojewski erregt fest. „Welche Position nimmt Bremen ein?“ wollte er wissen. Parlamentspräsident Dittbrenner guckte in die Runde, sah: „Es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Die Beratung ist geschlossen.“ K.W.
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