piwik no script img

Auf die sponsorträchtige Mischung kommt es an

■ Jagdszenen aus dem Alltag eines Sponsoring-Beraters: Wasser, Natur – das paßt, das könnte klappen. Dann aber: „Wir verfolgen inzwischen doch eine andere Strategie“

1: Ein Termin. Wir haben ein Exposé zu einem internationalen Naturschutzprojekt an verschiedene Mineralwasserfirmen geschickt. Wasser, Natur, das paßt, das könnte klappen. Eine bekannte Mineralwassermarke meldet sich. Termin in der Frankfurter Unternehmenszentrale, ein Gegenüber aus der mittleren Führungsebene. „Tolle Idee“, meint der Mann. Besonders die Idee einer „europäischen Reise“ in Sachen Naturschutz habe es ihm angetan. Kein Wunder: Das Mineralwasser wird auf dem europäischen Markt vertrieben.

„Über die Reise dann eine Fernsehdokumentation, das hat bundesweite Wirkung“, beschreibt der Mann mit ausholenden Gesten. „Wir gucken uns das näher an.“ Händedruck, tschüs. Nach ein, zwei Wochen dann zögerliche Reaktionen am Telefon: „Wir verfolgen inzwischen doch eine andere Strategie.“ Außer Spesen nichts gewesen.

2: Angebissen. Ein Bekleidungskonzern hat sich gemeldet, endlich eine Reaktion auf unser mehrfach ausgesandtes Exposé zu einem Kinderhilfsprojekt in Deutschland. Klamotten und Mode, verbunden mit der Hilfe für Jugendliche und Kinder. Das könnte eine sponsorträchtige Mischung sein. Wenig später der erste Termin in der Konzernzentrale. Dunkle Gänge wie in einer Behörde. Mein Gegenüber hat Format, Marketingleiter, Mitte Fünfzig, ein wacher Beobachter. Jetzt ganz sachlich bleiben.

Wir waren recht forsch in unserer Infomappe gewesen: 60 Millionen „Kontakte“ hatten wir versprochen. „Kontakte“, das heißt 60 Millionen Menschen würden den Namen des Sponsors auf den hunderttausend Aufklebern, Plakaten und hoffentlich auch in Zeitungsartikeln lesen, in Zusammenhang mit dem Kinderhilfsprojekt.

Mein Gegenüber ist kritisch, schließlich soll er für dieses Projekt einige hunderttausend Mark lockermachen. Wie denn die Rechnung mit den „Kontakten“ nun genau zustande komme, fragt er nach. Da wolle er doch noch mal weiteres Material sehen. Seine Tochter studiere Psychologie, erzählt er nebenbei. Sie glaube auch, daß soziales Engagement dem Konzern nur nützen könnte. Morgenluft weht herein! Das gewisse persönliche Etwas, das ist es, was oft zum erfolgreichen Auftrag führt. So auch hier. Ich werde zwar mit einem dicken Packen Hausaufgaben nach Hause geschickt, aber in wenigen Wochen haben wir den Auftrag. Der Tochter sei Dank!

3: Die Präsentation. Endlich, der Traum jedes Sponsoring-Beraters: Ein großer Getränkekonzern ruft bei uns an, von alleine! Sie wollen ihr Image verbessern, wir sollten doch mal ein paar Ideen entwickeln. Leider könnten sie für die ersten Konzepte kein Geld zahlen, heißt es, aber wenn der Vorstand ein Engagement beschlösse... Wir legen los. Dieser milliardenschwere Kunde wäre unser Durchbruch. Die Ideen sprühen. Ein vom Konzern gesponserter Jugendtreff im Internet! Ein Zirkusprojekt mit Künstlern und Behinderten! Unser Grafiker gibt sein Bestes. 25.000 Mark zahlen wir an unsere „Freien“ für die Vorbereitung.

Dann die Präsentation. Overhead-Projektor an, Folie draufgeknallt. In höchstens 30 Minuten müssen wir die Leute überzeugen. Und tatsächlich, sie sind begeistert. Jetzt müssen die erwählten Konzepte nur noch in den Vorstand. Aber der Wind dreht sich. Ein Konkurrent aus dem Vorstand konnte den für uns vorgesehenen Etat in seine Abteilung schaufeln. Tja. Die Marketing-Leute aus der mittleren Ebene sind zerknirscht. Kein Geld, kein Projekt.

4: Geschafft, fürs erste. Wir sollen unser Projekt direkt dem Vorstandsvorsitzenden eines Medienkonzerns präsentieren. Eine Herausforderung. Mehrgängige Menüs auf Damasttischdecken in Vorstandskasinos mit französischen Speisekarten habe ich schon hinter mir. Der reinste Streß. Essen müssen wir jetzt nicht, zum Glück. Statt dessen ein riesiger Konferenzraum mit Originalen moderner Kunst. Zwei Referenten des Bosses warten nervös mit uns. Endlich öffnet sich eine separate Tür. Der Boß schreitet durch seinen persönlichen Eingang und nimmt am Kopfende Platz. Meine Partnerin und ich legen los wie von der Tarantel gestochen. Folien raus und reden. Der Chef liegt weit in seinen Sessel zurückgelehnt und fixiert uns. Sein Gesicht signalisiert leise Zustimmung. Geschafft. Fürs erste. Rolf Schneidereit

Der Autor ist Berater bei der Kölner PR-Agentur Morgenwelt Consult, die unter anderem Sozialsponsoren vermittelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen