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„Der Schulte spinnt doch “

■ 200 Osterholzer demonstrieren gegen Bebauung der Feldmark Deputationsvorlage zurück

Mit seinen Visionen, die Osterholzer Feldmark mit 2.000 Wohnungen zuzubauen, legte Bausenator Bernt Schulte (CDU) gestern indirekt den halben Verkehr im Bremer Osten lahm. Rund 200 AnwohnerInnen demonstrierten auf der Osterholzer Heerstraße gegen die Baupläne. Der Verkehr staute sich vom Brüggeweg bis zur Hans-Bredow-Straße. Mit Treckern und Krensern, mit Fackeln und Bollerwagen zogen die Osterholzer gegen den Bausenator zu Felde. Selbst ihre Hunde hatten sie mitgebracht und mit Plakaten verziert.

„Wir wollen keine Makler in der Mark“ oder „Ihr nehmt uns die Luft zum Atmen“ stand darauf zu lesen. „Der Schulte spinnt doch“, ereiferte sich Bernhard Wendt vom Schimmelhof. „Ich wähle nie wieder die CDU“, schimpfte eine Anwohnerin. Der Osterholzer Beiratssprecher Ralf Krnavek (Grüne) findet die Pläne „völlig idiotisch“. Grund: Schon 1991 habe man zehn Flächen für 2.500 Wohnungen angeboten. Sechs davon würden inzwischen bebaut. Es sei absurd, trotzdem die letzten Lungen Bremens zu zerstören und den Stadtteil mit zusätzlichem Verkehr zu belasten.

Doch nicht nur in Osterholz war gestern die Stimmung wegen Schultes Plänen, aus dem 220 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet ein Wohngebiet mit 2.000 Wohnungen und Kleingärten zu machen, aufgeheizt: Auch im Bauressort liefen an diesem Tag die Drähte heiß. Nach einer mehrstündigen Hauskonferenz mußte Schulte das brisante Ergebnis bekannt geben: Er wird die Deputationsvorlage „Bebauung der Osterholzer Feldmark“ zurückziehen, sagte sein Sprecher Hartmut Spiesecke. Näheres aber wollte er nicht verraten, nur eines: „Es gibt noch Klärungsbedarf.“ Schulte sitzt der Koalitionspartner SPD im Nacken, der seine Visionen in der Deputation ohnehin abgeschmettert hätte. Die Pläne des CDU-Senators seien „desaströs und unverständlich“, erregte sich unlängst der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Weber. „Die Menschen in Osterholz werden auf die Barrikaden gehen.“ Recht hatte er. Schließlich habe sich Schulte damals nicht an eine Absprache mit Umweltsenatorin Tine Wischer (SPD) gehalten, als er seine Visionen im Alleingang der Öffentlichkeit präsentierte. Von 2.000 Wohneinheiten sei nie die Rede gewesen, so die Senatorin. Vereinbarung hin oder her: SPD-Fraktionschef Weber hat heute abend sämtliche SPD-Beiratsmitglieder und Ortsvereine aus Hemelingen und Osterholz eingeladen. Gesprächsthema: die Feldmark. Die BürgerInnen und der Beirat können sich schon jetzt die Hände reiben: Eine „uneinige“ Koalition könnte für sie die große Chance sein, die Feldmark zu retten, hofft Beiratssprecher Krnavek. kat

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