: Schmidbauer verteidigt Aktion in Kolumbien
■ Geheimdienstkoordinator Schmidbauer im Bundestag. Deutsche Behörden stellten falsche Pässe für Mauss aus. Kohl soll nur allgemein informiert worden sein
Bonn (taz) – Der Privatagent Werner Mauss hatte die Aufgabe, Kontakte für einen „runden Tisch“ herzustellen, mit dem auf Initiative der deutschen Bundesregierung ein Friedensdialog in Kolumbien zustande kommen sollte. Außerdem wurden „humanitäre Bemühungen“ von Mauss im Zusammenhang mit der Entführung einer deutschen Staatsbürgerin in Kolumbien von der Bundesregierung unterstützt. Der Agent sei aber kein Mitarbeiter des BND gewesen und stand „in keinem Dienst- oder Arbeitsverhältnis“ mit Bundesbehörden. Das teilte gestern Staatsminister Bernd Schmidbauer (CDU) in einer Fragestunde dem Parlament mit.
Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) sei allgemein über die Bemühungen zur Befreiung der Geiseln und über die Sondierungsgespräche informiert gewesen. Zugleich wies er angebliche Vermittlungsbemühungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der Drogenmafia zurück.
Mehrere Stunden lang stand der Geheimdienstkoordinator gestern den Abgeordneten des Bundestages Rede und Antwort. Viele Fragen blieben allerdings auch danach offen. „Ob Lösegeld geflossen ist oder nicht, weiß ich nicht“, sagte Schmidbauer auf die Frage, wie er sich den Vorwurf des Ehemannes der entführten Brigitte Schoene erkläre, nach Einschaltung von Mauss in den Fall seien die Forderungen der Kidnapper in die Höhe geschnellt. Den Verdacht der persönlichen Bereicherung durch Mauss hielt Schmidbauer „für völlig unbegründet“.
Wann genau Außenminister Kinkel über die Rolle des Privatagenten informiert worden sei, daran konnte sich Schmidbauer nicht erinnern.
Er habe einen Staatsminister, der sich besonders für die Lage in Kolumbien interessiere, informiert. Damit sei das Auswärtige Amt informiert gewesen. Wie schwierig die Wahrheitsfindung im Zusammenhang mit den komplizierten Vorfällen ist, zeigt sich am Beispiel der falschen Pässe, die Werner Mauss bei sich trug. Dem Bundestag erklärte Schmidbauer gestern, das Auswärtige Amt habe die Botschaft angewiesen, Mauss die Dokumente auszuhändigen. Im Auswärtigen Ausschuß, der ebenfalls gestern in nichtöffentlicher Sitzung tagte, soll er eingeräumt haben, die Pässe stammten vom Verfassungsschutz. Formal widersprechen beide Aussagen einander nicht – sie lassen die Angelegenheit jedoch in unterschiedlichem Licht erscheinen.
Die Frage, ob Schmidbauer an Minister Kinkel vorbei Außenpolitik betrieben hat, wird innenpolitisch zu einem zentralen Thema des Falles Mauss. FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms sagte dazu gestern lediglich, die Angelegenheit werde auf Arbeitsebene geklärt. Im Auswärtigen Ausschuß sollen FDP-Mitglieder dem Staatsminister im Zusammenhang mit den Mauss-Aktivitäten kritische Fragen gestellt haben.
In Kolumbien erließen unterdessen die Behörden Haftbefehle gegen Mauss und dessen Ehefrau Ida. Ihnen droht damit eine Anklage wegen Verabredung einer Entführung und der Verwendung falscher Personalpapiere. Bettina Gaus
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