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Homo, hetero, bi ... oder wie?

Freddy Mercury und Hella von Sinnen, Alfred Biolek und Greta Garbo, Hape Kerkeling und Martina Navratilova, Peter Tschaikowski und Gertrude Stein, Rock Hudson und K. D. Lang  ■ Von Gabi Trinkaus

Die Pubertät signalisiert das Ende der Kindheit. Für alle ist das eine schwierige Zeit. Doch manche Jugendliche katapultiert es in eine andere Welt. In die Welt der Schwulen und Lesben. Sie werden nicht gefragt, ob sie mit dem Reiseziel einverstanden sind. Trotzdem werden sie eines Tages vor sich selbst zugeben müssen, daß es stimmt. Einige werden sich verstecken, andere werden sich trotzig outen. Homosexualität sprengt die alten Cliquen, Freundschaften zerbrechen. Mancher Berufswunsch wird illusorisch. Noch immer sind Schwule und Lesben Außenseiter in unserer Gesellschaft. Das wissen die Jungen und Mädchen, und deshalb ist die Zeit, in der sie sich ihrer Sexualität bewußt werden, besonders problematisch. Da ist es gut zu wissen, daß man seine Lebensziele trotzdem verwirklichen kann. Andere haben es auch getan. Vorbilder gibt es genug.

Heimliche Leben...

In dem Buch „Rollenspiele“ erzählt Johan, wie es war, in dem Frühling vor seinem sechzehnten Geburtstag. Seine Welt war in Ordnung. Schule, Eltern, alles war o.k., bis er merkte, daß ihn Mädchen nerven. Vor allem die, die sich in ihn verliebten. Und doch mußte er das Spiel mitspielen, damit niemand auf den Gedanken kam, er wäre schwul. Was, wenn seine Clique es merken würde, Stisse, Mäns und Perra? Manchmal machten sie Witze über Schwule, so weit weg schien die Möglichkeit, daß es einen von ihnen „treffen“ könnte. Johan flüchtete vor der Welt in Scheinkrankheiten. Im Traum liebte er Alexander den Großen. Dabei gab es auch in der Realität Jungen, die ihn anzogen. Nur ganz vorsichtig wagte er, seine Sympathie zu zeigen. Aber mehr auch nicht. Noch wußte es niemand. Und doch spürten alle, daß da ein Problem war. Selbst sein bester Freund machte für Johans verqueres Verhalten Liebeskummer verantwortlich und dachte dabei nur an Mädchen. Johans außergewöhnlich netten Eltern verstanden auch nichts. Und Johan wußte, er mußte es sagen. „Jeder neue Morgen drückte ihm das Messer an die Kehle. Denn heimliche Leben existieren nicht richtig. Sie sind nichts.“ Er sprang, um nicht ein Leben auf dem Sprungbrett zu verbringen. Und danach war Johan wieder Johan. Eine ironische, manchmal traurige, aber immer lebendige Geschichte, für alle, die ihre Vorurteile beim Schopf pakken wollen.

Hans Olsen: „Rollenspiele“. Oetinger, ab 14, 24 DM

...existieren nicht

Martin ist rein äußerlich der Inbegriff des Männlichen. Weil er größer ist als die meisten seiner Klasse, wird er „Jumbo“ genannt. Er ist der beste Rugbyspieler seiner Schule. Sein Vater ist mächtig stolz auf seinen sportlichen Sohn, und die Mutter hofft auf seinen sozialen Aufstieg als Sportlehrer. Eine Menge Erwartungen drücken auf seine breiten Schultern. Dabei durchblickt er, daß die Erwachsenen um ihn herum ihren eigenen Erwartungen nicht gerecht werden. Selbst der geliebte Rugbytrainer kommt mit seinem Leben nicht klar. Martin versucht sein Schwulsein zu unterdrücken, den Fremden in sich nicht rauskommen zu lassen. Er versucht, ihn hinter Mädchenfreundschaften zu verstecken. Sie sind Alibi und Alptraum zugleich. Schwulsein ist das Letzte, was seine Sportlerclique akzeptieren würde. Er kennt ihre Witze. Er erlebt, wie ein Schwuler in einer Kneipe mißhandelt wird und niemand ihm beisteht. Auch der starke Martin schaut starr vor Angst weg. Niemals wird er dem Fremden in sich nachgeben. Doch der ist zäh, stets präsent. Er führt Martin immer wieder in die Nähe seines Klassenkameraden Richard, und Richard erkennt ihn. Er signalisiert Martin, daß er ihn mag und warten kann. Er versteht, warum Martin ihn sucht und gleichzeitig flieht. Erst wenn Martin sich akzeptiert, wird eine Freundschaft möglich sein. Dann endlich kann Martin lieben.

Timothy Ireland: „Martins Coming-out“. Arena Life, ab 13, 9,90 DM

Warte noch ein Weilchen

Peter ist fünfzehn. Seit der Vater ausgezogen ist, spielt der große Bruder gerne die Vaterrolle. Das macht Peter rasend. Die Mutter ist Krankenschwester und hat beide gut im Griff, jedenfalls solange sich der Vater nicht einmischt. Ihm verdankt Peter sein Motorrad. Der Vater ist sportlich und will, daß seine Söhne richtige Männer werden. Deshalb hat er Peter und seiner Clique ein Crossgelände zur Verfügung gestellt. Trotzdem ist Peter der Außenseiter. Es ist zu gut in der Schule und sein Stil, Motorrad zu fahren, nicht selbstmörderisch genug. Er teilt sich diese Rolle mit einem Jungen, den sie Alice nennen. Keiner weiß, ob Alice wirklich schwul ist. Allein die Behauptung ist vernichtend. Manchmal hilft Peter Alice. Das wird ihm zum Verhängnis. Eine Mutprobe, die Alice zugedacht war, bleibt an ihm hängen. Er entzieht sich der Clique erst mal. Er hat ja noch andere Hobbys, er fotografiert. Der Freund seines Bruders, David, will von ihm fotografiert werden. Erstaunt stellt Peter fest, daß David viel netter ist als sein Bruder. Es macht ihm nichts aus, mit dem „Kleinen“ einkaufen zu gehen. Gemeinsam beugen sie sich über den Gemüsestand. David legt ihm den Arm um die Schulter und erklärt ihm und interessierten Hausfrauen, woran man frische Melonen erkennt. Peter ist hingerissen. Er beginnt sich in Davids Nähe wohlzufühlen. Doch sein Bruder fordert ihn auf, Abstand zu halten, weil David schwul ist. Trotzdem läßt sich Peter von David das Motorrad reparieren. Stolz zeigt er sich auf dem Crossgelände. Alle fallen über ihn her. Er ist mit David gesehen worden. Er ist ein gottverdammter Schwuler, ein Weichei. Der Konflikt mit der Clique spitzt sich zu und endet in einer Schlägerei. David nimmt den verletzten Peter tröstend in die Arme. Peter genießt es, empfindet Davids Zärtlichkeit als etwas, das er schon lange gesucht hat. Um wieviel schöner ist es in Davids Armen als bei den Mädchen, die ihn bedrängen, mit ihm schlafen wollen. Stunden hätte er in Davids Umarmung ausharren können. Doch die Putzfrau macht dem ein plötzliches Ende. Peter weiß, sie wird es der ganzen Welt erzählen. Es wird überall auf den Wänden stehen, in der Schule, an den Bushaltestellen. Sie werden ihn fertigmachen, noch bevor er weiß, was er ist. Völlig verzweifelt schmeißt er sein Motorrad an und flüchtet. Eine kaputte Maschine und ein verletzter Peter sind das Resultat. Der Vater, an der Bushaltestelle von der Homosexualität seines Sohnes informiert, gibt der Mutter die Schuld und empfiehlt Sport und hartes Training als Gegenmittel. Peter glaubt verrückt zu werden. Er will endlich über sich Bescheid wissen. Auch die Telefonberatung kann ihm nicht sagen, wie man erkennen kann, ob man schwul ist. Da beschließt er, David zu besuchen. Er steckt ein Präservativ ein und hofft, daß David ihn will. Doch bei David findet er nur Trost, keine Liebe. Er ist zu jung. So einen Freund wie David möchte man jedem Jungen wünschen. Einer, der sagt: „Du hast noch eine Menge Zeit. Warum willst du nicht warten?“ Einen Freund, der zärtlich trösten kann und alles versteht. Der bereit ist, Zärtlichkeit zu geben, ohne zu nehmen. In seinen Armen vergißt Peter die Angst vor der Einsamkeit.

Kate Walker: „Peter“. dtv junior, ab 13, 9,90 DM

Monsterliebe kann schön sein

Die Probleme lesbischer Mädchen scheinen dagegen weniger dramatisch. Enge Mädchenfreundschaften sind gesellschaftlich akzeptiert. Mädchen, die Mädchen umarmen, Händchen halten, galten immer als positiver als Mädchen, die früh den Kontakt zu Jungen suchten. So geschützt können Mädchen Mädchen lieben, ohne aus dem gesellschaftlichen Kontext zu fallen. Deshalb bleiben innere moralische Konflikte doch nicht aus. In „Die Katze kam zurück“ stellen zwei Freundinnen fest:„Wir sind wie Romeo und Julia, aber du bist kein Junge.“ „Wir sind Monster“, schließen sie daraus. „Aber kann Monsterliebe so schön sein?“ Stevie hat schon eine Menge sexueller Erfahrung. Die unfreiwillige, traumatische aus Kindertagen und dann die mit Rik, Lehrer am Privatcollege. Für Andrea hat sie ihn verlassen. Sie hat Angst vor seiner Rache. Dabei müßte er Angst haben, weil er die Einsamkeit seiner Schülerinnen ausnutzt. Die mutige Andrea packt die Probleme immer gleich beim Schopf. Ob es darum geht, Stevie aus den Fängen der tyrannischen Eishockeytrainerin zu befreien oder ihr zu zeigen, daß Rik der Verbrecher ist und nicht Stevie. Und doch ist es gerade diese Geradlinigkeit, die sie beinahe wieder auseinanderbringt. Andrea schreibt ins Klassenzimmer: Rik Wood ist ein geiler Bock! Stevie ist fassungslos. In welche Situation bringt sie Andrea. Muß denn jeder wissen, daß sie mit einem Lehrer schlief? Natürlich fällt der Verdacht für die Schmiererei auf Stevie. Doch Andrea wäre nicht Andrea, wenn sie nicht dazu stehen würde. Nur knapp bewältigen beide diese Situation. Danach fühlt sich Stevie stärker denn je. Sie hat mit allen Belastungen ihrer Vergangenheit abgerechnet. Jetzt geht es in die Zukunft, und die ist wunderbar lesbisch. Sehr schön gelungen sind in diesem Buch die vorsichtigen Versuche beider Mädchen, ihrem Wunsch nach Zärtlichkeit nachzugeben. Denn das ist die Schwelle, die aus einer Freundin eine Geliebte macht. Sexualität wird in Kinder- und Jugendbüchern selten beschrieben. Das hat den Vorteil, daß sich die SchriftstellerInnen auf eine tragende Handlung konzentrieren müssen. Deshalb gibt es vielleicht mehr gute Jugendbücher, als Erwachsene ahnen. Hilary Mullins hat es gewagt, und es ist nichts Reißerisches dabei. Was mich störte, ist das Zusammenfallen so vieler Probleme. Als Kind wird Stevie mißbraucht, als Jugendliche verführt, dann wird sie lesbisch. Das provoziert das Mißverständnis, daß Frauen lesbisch werden, weil sie schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht haben.

Hilary Mullins: „Die Katze kam zurück“. Alibaba Verlag, ab 13, 24 DM

Stichwort: Homosexuell

Ich weiß nicht, ob homosexuelle und lesbische Jugendliche Rat in Aufklärungsbüchern suchen. Wenn ja, dann werden sie feststellen, daß ihnen nicht viel oder gar kein Platz eingeräumt wird. In erster Linie ist in diesen Büchern die Rede vom Kinderkriegen, und da sind sie natürlich nicht wichtig.

In der evangelischen Aufklärungsbroschüre „Adam und Evi“, im flotten Comicstil, gibt es zwar die Überschrift „Zwei sind besser als einer allein“, aber die zwei sind immer verschiedenen Geschlechts. Gott ist die Liebe, aber nur für die Frau/Mann-Kombination. Die Homosexuellen gehen leer aus. Unter dem tröstlichen Titel „Total normal“ dürfen sich auch Homosexuelle ausstrecken. Drei Seiten von fünfundachtzig sind ihnen gewidmet. Logisch, daß damit nicht alle Fragen beantwortet sind. Das müssen auch die Autoren geahnt haben und empfehlen: „Fragt Freunde, Lehrer, Ärzte, wenn Ihr Probleme habt.“ Da beißt sich die Katze in den nicht vorhandenen Schwanz. Dagegen ist „So wild nach deinem Erdbeermund“ richtig wohltuend. Es wendet sich an Jugendliche während der Pubertät. Das Kinderkriegen wird eher unter dem Aspekt Unfall gesehen. Für Homosexuelle bleibt mehr Raum. Überhaupt stellt sich heraus, die angeblich verschwindend geringe Minderheit gleichgeschlechtlich orientierter Jugendlicher macht während bestimmter Lebensphasen glatt ein Drittel aller Jugendlichen aus. Und kaum einer weiß vor seinem zwanzigsten Lebensjahr, bin ich schwul oder lesbisch oder bi oder hetero oder was? Nur laut sagen es die wenigsten, wenn sie glauben, anders zu sein als die Mehrheit. Manche schaffen es ihr ganzes Leben nicht.Trotzdem hat sich die Situation für schwule Jugendliche verbessert. Auch wenn rundherum alle versagen, es gibt in fast jeder Stadt Schwulen- und Lesbengruppen. Jungen und Mädchen müssen sich nur hintrauen. Adressen stehen im Anhang dieses Buches.

Werner Küstenmacher: „Adam und Evi“. Ein Aufklärungsbuch. Verlag Pattloch, 30 DM

Robie H. Harris, Michael Emberley: „Total normal. Was du schon immer über Sex wissen wolltest“. Alibaba Verlag, 30 DM

Christine Wolfram, Peter Süß: „So wild nach deinem Erdbeermund“. Ein Aufklärungsbuch für Jugendliche. dtv junior, 19,90 DM

Besser spät als gar nicht

Wenn Jack zu bestimmen hätte, dann lieber gar nicht. Jack weiß, wovon er spricht. Es ist eben ein Unterschied, ob die Eltern sich trennen, weil Vater eine Freundin hat oder einen Freund. Das hält doch kein Mensch aus, glaubt Jack, und doch muß er noch eine Menge aushalten bis zu seinem sechzehnten Geburtstag. Da sitzen sie dann alle, deren Geschichte wir ein ganzes Buch lang verfolgt haben. Da ist die Mutter mit ihrem Hippiefreund Michael, der schwule Vater mit seinem Freund Bob, Jacks Freund Max und dessen Mutter und der kleine Bruder Sam, und Maggie, die Freundin, die gleichzeitig die Tochter des Freundes von Jacks Vater ist. Man sieht, die Sache ist kompliziert. Einer fehlt. Der Vater von Max und Sam. Er hat seine Frau mißhandelt.

Jack schaut also in die kauende Runde und überlegt, wo sie gewesen waren, was sie erlebt hatten, wohin sie wohl gingen. Und als er bei sich selber ankam, da wußte er, daß er nichts von all dem wollte. Es war ihm plötzlich nach Selbstmord zumute, weil er beim besten Willen nicht sagen konnte, was er wollte. Erst später, als alle gegangen sind, nimmt er seinen Basketball, läuft durch den dunklen Park, dribbelt den Ball und erkennt, wie das Spiel läuft. „Das Zeitalter der Familie hat seinen Höhepunkt überschritten und war unaufhaltsam auf dem Abstieg. Ich will nicht sagen, daß Familien ein Dreck sind oder so; aber die Dinge ändern sich, und ich wußte das. Es war ein gutes Gefühl, das zu wissen, denn wenn ich es wußte, konnte ich vielleicht etwas dafür tun, daß mir nicht dieselben verdammten Dinge passierten.“ Die verdammten Dinge, das sind der Auszug seines Vaters aus dem gemeinsamen Haus. Das sind die verdammten grünen Müllsacke, in die er seine Sachen packt. Die Art und Weise, „wie es passiert ist, läßt einen alles in Frage stellen, über alles nachdenken, und das ganze Leben verwandelt sich in ein Durcheinander, das unglaublich weh tut, und man versucht immer wieder, es sich selbst und jedem, der zuhören will, zu erklären“. Und als sich das alles so eingespielt hat, daß es erträglich ist, will der Vater seinem Sohn die Wahrheit über sich sagen: „Jack, ich habe mich in einen Mann verliebt ... Bob und ich, wir sind ein Liebespaar.“ Jack wird es schlecht. Abermals bricht die Welt für ihn zusammen. Auch damit muß er sich lange und schmerzlich auseinandersetzen. Daß schließlich die letzte Bastion bürgerlich heilen Lebens, die Familie seines Freundes, unter den Schlägen des Vaters zusammenbricht, ist fast zuviel der Katastrophen in einem Buch. Ich weiß nicht, zu welcher Lebensform sich die Jugendlichen heute entschließen, aber Familie ist sicher immer noch eine Möglichkeit. Man muß lernen aus dem Scheitern der Alten. Man muß nicht zwangsläufig nur Opfer sein. Dazu macht dieses gelungene und eindringliche Buch Mut.

A.M. Homes: „Jack“. Würzburg. Arena Live, 24,80 DM

Früh gefreit, früh gereut

Ein gelungenes Beispiel für eine nicht gelingende heterosexuelle Partnerschaft ist „Der Tausch“ von Norma Klein. Auch in diesem Buch spielt Sexualität eine große Rolle. Schwule und Lesben können sich mit recht fragen, warum heterosexuelle Freundschaften nun gesellschaftlich akzeptierter, also besser sein sollen als homosexuelle Partnerschaften. Dieses Buch spielt in Amerika. Der Autohändler Misha Edelmann hat bei einem Autounfall Frau, Sohn und Enkel verloren. Deprimiert versucht er das Leben auszuhalten. In dieser Situation kommen Jed und Maddy zu ihm, beide kaum dem Kindsein entwachsen. Maddy ist hochschwanger und Jed verliebt in ein rotes Auto. Während Maddy hofft, durch das Kind Jed an sich zu binden, weiß Jed nicht genau, wie er mit dieser Situation umgehen soll. Beide haben gerade die High- School abgeschlossen und keine Berufsausbildung. Von ihren Eltern erwarten sie nichts.

Es ist ein großes Glück, daß Jed eine Stelle als Assistent des Hausmeisters in einem Mädchencollege bekommt, nebenbei jobbt er bei dem Autohändler Misha, um eines Tages das Auto kaufen zu können. Außerdem hat sich Jed in eine Studentin verliebt. Das ist streng verboten. Es kann ihn den Job kosten. Es kostet ihn erst mal das Erlebnis, bei der Geburt seiner Tochter dabeizusein. Es gelingt ihm nicht, zu dem Kind eine Beziehung herzustellen, wenn es wenigstens ein Junge wäre, und hübsch ist es auch nicht. Die nächtlichen Schreiereien rauben beiden den Nerv. Maddy erkennt, daß sie mit dem Kind Jed eher vertreibt als an sich bindet. Sie weiß auch, daß er sie nicht liebt, wie sonst könnte er auf die Idee kommen, für eine Nacht Maddy gegen die Freundin seines Freundes einzutauschen. Das ist der Punkt, da erkennt Maddy, daß alles falsch ist. Sie weiß auch, daß das Kind sie daran hindern wird, von vorne anzufangen. Sie beschließt, es wegzugeben. Und das macht dieses deprimierende Buch versöhnlich. Dieses Kind wird nicht dem Unglück preisgegeben, sein Dasein versöhnt Misha mit seinem Schicksal. Er wird der neue Vater. Auch Maddy kriegt die Kurve. Nur Jed bleibt, was er war.

Norma Klein: „Der Tausch“. Alibaba Verlag, 28 DM

Abb. aus „Total normal“

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