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Der stumme Zeuge

■ Lübecker Brand: Tod eines Flüchtlings gibt allen Prozeßbeteiligten Rätsel auf

Wie starb Sylvio Amoussou? Gestern beschäftigte sich das Lübecker Landgericht im Prozeß gegen den Libanesen Safwan Eid erstmals mit den Todesumständen des Togolesen, der beim Brandanschlag auf das Lübecker Flüchtlingsheim am 18. Januar ums Leben gekommen war. Anders als bei den anderen neun Toten waren in der Lunge des 27jährigen keine Rauchgasrückstände gefunden worden, die Atemwege nicht mit Ruß geschwärzt. Erstickt oder lebendig verbrannt ist Amoussou nicht, sein Tod gibt Rätsel auf.

Vor Gericht schilderten vier Feuerwehrleute, wie sie seine Leiche aus dem hölzernen Vorbau bargen. Die Zeugen berichteten übereinstimmend, daß unter dem Toten der blanke Fußboden zu sehen gewesen sei, während um ihn herum viel Brandschutt gelegen habe. Der Mann habe auf dem Bauch gelegen, sein Rücken sei völlig verkohlt, sein Gesicht dagegen noch zu erkennen gewesen. Einen Draht hätten sie nicht bemerkt, erklärten die Feuerwehrleute. Bei der Obduktion war ein dünner Draht gefunden worden, der locker um die Leiche gewunden war.

Nach Ansicht von Safwan Eids Verteidigerin Gabriele Heinecke deuten die Zeugenaussagen zusammen mit dem Obduktionsbericht darauf hin, daß der Flüchtling möglicherweise gewaltsam ums Leben kam, bevor der Vorbau zu brennen begann. Daß seine Leiche nach den Aussagen verschiedener Zeugen stärker verkohlt war als andere, sei ein Indiz dafür, daß das Feuer – anders als von der Staatsanwaltschaft angenommen – im Vorbau seinen Anfang nahm. Diese Annahme sieht die Anwältin auch durch den Ortstermin am vergangenen Mittwoch belegt. Im Vorbau und im Treppenhaus des Erdgeschosses seien weitaus stärkere Brandspuren zu sehen gewesen als im ersten Stock. Marco Carini

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