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Flüchtlingsfreier Elbblick

Vertrauliches Senatspapier: Provisorische Flüchtlingslager bleiben langfristig, Wohnschiffe sollen der Hafenrand-„Perlenkette“ weichen  ■ Von Silke Mertins

Die nüchtern formulierte Senatsdrucksache „Pavillondörfer“ könnte zu einem Aufstand der Bezirke führen: Die als Provisorien und meist gegen den Willen der AnwohnerInnen eingerichteten Massenunterkünfte für Flüchtlinge und Aussiedler sollen dauerhaft erhalten bleiben. „Der Senat wird gebeten, der längerfristigen Absicherung aller Holz-Pavillondörfer für Zwecke der öffentlichen Unterbringung grundsätzlich zuzustimmen“, heißt es in dem Petitum der vertraulichen Drucksache der Sozialbehörde, die der taz hamburg vorliegt.

In sechs Fällen sollen deshalb sogar Bebauungspläne geändert werden, weil die Stellplätze gar nicht für Sammelunterkünfte, sondern zum Beispiel als grüne Wiese oder für richtiges Wohnen vorgesehen sind. Betroffen sind Hummelsbüttel, Volksdorf, Bramfeld, Mellingstedt, Lohbrügge und Curslack. In anderen Stadtteilen wie Winterhude, Groß Flottbek oder Süllberg soll es unbefristete Genehmigungen für die provisorischen Massenunterkünfte geben.

Für die als „Ersteinrichtung“ vorgesehenen Wohnschiffe in Neumühlen müsse hingegen bis zum September 1997 ein „gleichwertiger Ersatzstandort“ gefunden werden. Denn Oberbaudirektor Egbert Kossak plant dort die „Perlenkette“ am Hafenrand. Der Elbblick aus den dort geplanten Wohnungen soll nicht durch Sammelunterkünfte beeinträchtigt werden.

Und weil „die Planungskonzep-tion der Stadt“ den „Standort der Schiffe in Neumühlen mit tangiert“, müsse eine Alternative mit mindestens 2.300 Plätzen gefunden werden. Die Wirtschaftsbehörde soll „wasserseitig“ nach „gleich guten Liegeplatzmöglichkeiten“ suchen, während die Stadtentwicklungsbehörde „landseitig“ nach Ersatz fahnden soll.

Die Sozialbehörde begründet die langfristige Nutzung von mindestens 19 „Pavillondörfern“ der „zweiten Generation“ mit den Kosten; fast 200 Millionen habe man allein für diese Unterkünfte ausgegeben. Das rechne sich nur, wenn sie langfristig genutzt würden. Denn Abbau und Neuaufbau würden noch einmal etwa 150 Millionen kosten. Die „hohen Investitionen der Stadt“, die „Vorzüge“ der Pavillondörfer und der „Unterbringungsbedarf“ rechtfertigen aus sozialbehördlicher Sicht den Erhalt.

Ob die Senatsdrucksache die innerbehördliche Abstimmung überlebt, ist noch zweifelhaft. Das Papier räumt ein: „Es besteht zwischen den beteiligten Behörden erhebliche Unklarheit und Uneinheitlichkeit in der Bewertung der Pavillondörfer.“ Kleingärtner und deren Interessenvertreter gibt es nämlich auch noch; die Umweltbehörde würde auf der Fläche der Unterkunft Holsteiner Chaussee lieber Blumen blühen als Flüchtlinge behaust sehen. Und auch für das Gebiet Mattkamp (Billstedt) würde man eine Aufforstung vorziehen.

Derzeit leben dort 281 Aussiedler. Die übrigen 79 Plätze würde Ortsamtsleiter Elwart gerne mit bosnischen Kriegsflüchtlingen auffüllen, „deren Verhalten als nicht auffällig gilt“, schrieb er dem Bezirksamt Mitte. Zukünftigen Deutschen kann man schließlich keine Nicht-Europäer zumuten.

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