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Der lange Weg zum Bagel

■ Er hat die amerikanischen Doughnuts nach Berlin verpflanzt und "Brotlöcher" importiert. Jetzt eröffnet Andreas Pfeffer einen Bagel-Shop, um die Hefekringel hier zu etablieren

Aufgeben? Andreas Pfeffer lacht. „Was ich mir in den Kopf gesetzt habe, das ziehe ich durch.“ Erst hat er Doughnuts verkauft, in Zehlendorf, von Haus zu Haus, und dann am U-Bahnhof Hermannplatz. „Es endete in einem Fiasko“, gibt er zu.

Dann war er auf der Grünen Woche, am Amerika-Stand, und wollte dem Messepublikum den Bagel schmackhaft machen. 2.000 Stück dieses Gebäcks wollte er an einem Tag absetzen. Doch die Leute blieben nebenan stehen, am Schweden-Stand, und aßen lieber Lachsbrötchen. „Wieder ein Fiasko.“ Jetzt nimmt Andreas Pfeffer noch einmal Anlauf. Morgen eröffnet der 34jährige einen Bagel- Shop in der Joachimstaler Straße 13. Eröffnung an einem Freitag, dem 13.? „Vielleicht ist gerade das ein gutes Omen.“ Morgen ist schließlich der letzte Tag des Chanukka-Festes. Was könnte einem, der jüdische Brötchen verkaufen will, Besseres passieren?

Der Bagel ist nicht neu in Berlin. Die amerikanische Tiefkühlversion gibt es bei Karstadt und in einigen Cafés (u.a. „Beth Café“ in Mitte) zu kosten. Doch das Ding ist gewöhnungsbedürftig. Hiesige Bäckerein scheuen den Bagel, „weil er einige Arbeitsabläufe mehr verlangt und nicht in die schnelle Massenproduktion paßt“. Der Bagel ist ein Brötchen mit Loch, kringelartig und fest und überzogen von einer feinen Haut. Er wird aus Hefeteig gerollt, muß mindestens acht Stunden bei null Grad auskühlen, dann gekocht und mit Unterhitze gebacken werden. Er schmeckt wie eine Mischung aus Brot und Brötchen und am besten mit Frischkäse und Lachs obendrauf. In den USA ist er Kult, dort gibt es ihn mit Sesam, Mohn, Zwiebeln, Knoblauch oder Salz. Kein Vergleich zu den aufgeplusterten Imitaten, die bisher in Berlin zu haben sind.

Andreas Pfeffer will das ändern. Lang genug hat er um den Bagel gestritten: mit dem Bundespatentamt in München und dem Berliner Klaus Spießberger, der das Wort „Bagel“ hat schützen lassen. „Ein Unding“, wie Andreas Pfeffer fand. Denn Bagel sei kein Individuum, sondern eine Gattung, ungefähr so wie Schusterjunge oder Currywurst. Ein Jahr lang gärte die Sache, dann war der Begriff aus der Zeichenrolle des Patentamtes gestrichen. Bei einer jüdischen Familie im kanadischen Montreal lernte Pfeffer die Herstellung der Bagels von Hand. Den süßen Geschmack will er aber nicht nachmachen, sondern dem traditionellen Brotgeschmack treu bleiben.

Heute abend sollen zwei angelernte Bäcker die ersten richtigen Bagels für Berlin produzieren. Die Teigmischung haben sdie beiden verinnerlicht und auch, daß „das Ding viel Liebe braucht“. Vierhundert Dutzend können pro Stunde durch die Maschine rollen, ob Berlin so viele braucht, das „hoffen wir mal“.

Andreas Pfeffer sieht sich als Pionier. So wie 1992, als er die Doughnuts nach Berlin brachte. Lange hat's gedauert, dann fand das „Weihnachtsmarktgebäck“ genügend Münder. Ähnlich soll es mit den Bagels werden. Jens Rübsam

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